
Wehrpflicht-Chaos: Merz' Skepsis offenbart das Versagen der deutschen Verteidigungspolitik
Die deutsche Verteidigungspolitik gleicht einem Trauerspiel in mehreren Akten. Während die Welt in Flammen steht und die Bedrohungslage täglich zunimmt, zanken sich Kanzler Friedrich Merz und Verteidigungsminister Boris Pistorius wie Kinder im Sandkasten über die Zukunft der Bundeswehr. Der jüngste Streit um das neue Wehrdienstmodell offenbart dabei nicht nur die tiefe Zerrissenheit der Großen Koalition, sondern auch das fundamentale Versagen einer Politik, die seit Jahren die Landesverteidigung sträflich vernachlässigt hat.
Freiwilligkeit als Irrweg
Merz' skeptische Haltung zum Freiwilligenmodell seines Koalitionspartners ist mehr als berechtigt. „Ich vermute, es wird bei Freiwilligkeit allein nicht bleiben", erklärte der Kanzler in der ARD-Sendung „Caren Miosga" – und trifft damit den Nagel auf den Kopf. Die Vorstellung, dass sich in Zeiten von Work-Life-Balance und Selbstverwirklichung genügend junge Menschen freiwillig für den Dienst an der Waffe melden würden, ist bestenfalls naiv, schlimmstenfalls gefährlich fahrlässig.
Die Bundeswehr kämpft seit Jahren mit dramatischen Personalproblemen. Ausrüstungsmängel, marode Kasernen und eine gesellschaftliche Geringschätzung des Soldatenberufs haben zu einem Teufelskreis geführt, aus dem ein reines Freiwilligenmodell keinen Ausweg bietet. Während unsere östlichen Nachbarn ihre Armeen massiv aufrüsten und die NATO-Partner Deutschland zu mehr Engagement drängen, diskutiert Berlin über Freiwilligkeit – als ob Landesverteidigung eine Art Hobby wäre, das man nach Lust und Laune betreiben könne.
Pistorius' Vorwürfe: Ablenkung vom eigenen Versagen
Besonders pikant wird die Angelegenheit durch Pistorius' scharfe Attacke gegen die Unionsfraktion. Der SPD-Verteidigungsminister wirft der CDU/CSU „fahrlässiges" Verhalten vor und beklagt eine angebliche Blockade seines Gesetzentwurfs. Doch diese Vorwürfe entpuppen sich bei genauerer Betrachtung als durchsichtiges Ablenkungsmanöver. Wie Merz richtig klarstellte, sei die Verschiebung der Bundestagsdebatte bereits „vor einigen Tagen" gemeinsam von beiden Fraktionen vereinbart worden.
Pistorius' Ausbruch offenbart vielmehr seine eigene Nervosität angesichts eines Konzepts, das von Anfang an zum Scheitern verurteilt scheint. Statt die berechtigten Einwände der Union ernst zu nehmen und nach tragfähigen Lösungen zu suchen, flüchtet sich der Minister in Schuldzuweisungen. Ein Armutszeugnis für einen Politiker, der eigentlich die Verantwortung für die Sicherheit unseres Landes trägt.
Die Wehrpflicht als unausweichliche Konsequenz
Die Union fordert zu Recht konkrete Vorgaben für die Wiedereinführung der Wehrpflicht, sollte das Freiwilligenmodell scheitern – was es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird. Doch selbst diese vernünftige Forderung nach einem Plan B stößt auf Widerstand. Es gibt keinen Automatismus, keine festgelegte Zahl und keinen festgelegten Zeitpunkt für eine Aktivierung der Wehrpflicht. Diese Planlosigkeit ist symptomatisch für eine Politik, die sich seit Jahren vor unangenehmen Wahrheiten drückt.
Die Realität ist unbequem, aber unausweichlich: Deutschland braucht wieder eine allgemeine Wehrpflicht. Nicht als Relikt vergangener Zeiten, sondern als notwendige Antwort auf die sicherheitspolitischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Die Wehrpflicht würde nicht nur die personellen Probleme der Bundeswehr lösen, sondern auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken und jungen Menschen Disziplin, Verantwortungsbewusstsein und Vaterlandsliebe vermitteln – Werte, die in unserer individualisierten Gesellschaft zunehmend verloren gehen.
Ein Blick über den Tellerrand
Während Deutschland über Freiwilligkeit philosophiert, machen andere Länder Nägel mit Köpfen. Schweden hat die Wehrpflicht bereits 2017 wieder eingeführt, Litauen schon 2015. Selbst in der neutralen Schweiz funktioniert das Milizsystem seit Jahrhunderten reibungslos. Diese Länder haben verstanden, was deutsche Politiker offenbar noch immer nicht wahrhaben wollen: Sicherheit gibt es nicht zum Nulltarif.
Die aktuelle Weltlage mit dem andauernden Ukraine-Krieg, der Eskalation im Nahen Osten und den zunehmenden Spannungen mit China sollte eigentlich Warnung genug sein. Doch statt entschlossen zu handeln, verliert sich die deutsche Politik in endlosen Debatten und gegenseitigen Schuldzuweisungen. Ein Luxus, den wir uns angesichts der Bedrohungslage schlicht nicht mehr leisten können.
Zeit für klare Entscheidungen
Es ist höchste Zeit, dass die politische Führung in Berlin ihrer Verantwortung gerecht wird und klare Entscheidungen trifft. Das bedeutet: Schluss mit halbherzigen Freiwilligenmodellen, die niemanden überzeugen. Schluss mit parteipolitischen Spielchen auf dem Rücken der Landesverteidigung. Und vor allem: Schluss mit der Illusion, dass sich Sicherheit und Freiheit ohne persönlichen Einsatz und Opferbereitschaft bewahren lassen.
Die Wiedereinführung der Wehrpflicht mag unpopulär sein, aber sie ist alternativlos. Je länger die Politik diese Entscheidung hinauszögert, desto teurer wird uns das Zögern zu stehen kommen. Merz' Skepsis gegenüber dem Freiwilligenmodell ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Nun müssen den Worten auch Taten folgen – bevor es zu spät ist.

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