
Orbán trotzt Trump: Ungarns Premier will US-Sanktionen gegen russisches Öl "umgehen"
Die neue Große Koalition in Berlin dürfte mit Sorge nach Budapest blicken: Während Deutschland und die EU-Partner geschlossen hinter den verschärften Sanktionen gegen Russland stehen, schert Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán demonstrativ aus. Im ungarischen Radio kündigte er unverblümt an, Wege finden zu wollen, um die jüngsten US-Strafmaßnahmen gegen russische Energiekonzerne zu unterlaufen. Ein Affront, der die ohnehin angespannten Beziehungen zwischen Budapest und Brüssel weiter belasten dürfte.
Trumps härteste Sanktionen treffen Moskaus Energiesektor
US-Präsident Donald Trump hatte am Mittwoch die bislang schärfsten Sanktionen seiner zweiten Amtszeit gegen Russland verhängt. Im Visier: Die Ölgiganten Rosneft und Lukoil. Finanzminister Scott Bessent bezeichnete die Maßnahmen als "eine der größten Sanktionen, die wir jemals gegen die Russische Föderation verhängt haben". Der Grund sei Putins "Weigerung, diesen sinnlosen Krieg zu beenden". Washington drohe sogar mit weiteren Verschärfungen, sollte sich Moskau nicht bewegen.
Die Sanktionen könnten Russland dazu zwingen, seine letzten Ölpipelines nach Europa zu kappen. Ein Szenario, das besonders Ungarn hart treffen würde - bezieht das Land doch den Großteil seiner Energieversorgung noch immer aus russischen Quellen.
"Der Kampf ist noch nicht vorbei"
Orbáns Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. In der Radiosendung "Good Morning Hungary" erklärte er kämpferisch: "Ich habe die Woche damit begonnen, mich mehrmals mit den Führungskräften von MOL zu beraten, und wir arbeiten daran, wie wir diese Sanktionen umgehen können." Der ungarische Energiekonzern MOL solle offenbar zum Instrument dieser Umgehungsstrategie werden.
"Wer niedrigere Energiepreise will, muss das Recht Ungarns verteidigen, Öl und Gas aus Russland zu kaufen"
Mit dieser Aussage stellt sich Orbán nicht nur gegen Washington, sondern auch gegen Brüssel, das russische Energieimporte komplett vom EU-Markt verbannen möchte. Eine Position, die in Zeiten des Ukraine-Krieges zunehmend isoliert dasteht.
Geografische Ausrede oder politisches Kalkül?
Orbán argumentiert seit Jahren, Ungarn habe aufgrund seiner Binnenlage keine Alternative zu billigem russischen Öl und Gas. Andernfalls würden die Verbraucherpreise explodieren, so seine Warnung. Experten widersprechen dieser Darstellung jedoch vehement. Studien zeigten bereits im Mai, dass etwa Kroatien über die Adria-Pipeline den ungarischen Markt problemlos mit Energie versorgen könnte.
Die geografische Lage scheint also eher Vorwand als tatsächliches Hindernis zu sein. Vielmehr dürfte Orbáns Kurs politisch motiviert sein: Als einer der letzten verbliebenen Partner des Kremls innerhalb der EU pflegt er seit Jahren enge Beziehungen zu Wladimir Putin - sehr zum Missfallen Brüssels.
Zwischen zwei Stühlen: Orbáns riskantes Spiel
Pikant ist Orbáns Position auch deshalb, weil er gleichzeitig Donald Trump als politischen Verbündeten sieht. Beide teilen eine nationalkonservative Agenda und skeptische Haltung gegenüber supranationalen Strukturen. Doch nun zwingen Trumps Sanktionen den ungarischen Premier zu einem gefährlichen Balanceakt zwischen Washington und Moskau.
Orbáns jüngste Aussagen offenbaren, wie er versucht, zwischen diesen beiden Machtzentren zu lavieren - und dabei Ungarns vermeintliche Energieinteressen über die westliche Geschlossenheit stellt. Ein Kurs, der nicht nur die EU-Solidarität untergräbt, sondern auch Fragen nach Ungarns Platz in der europäischen Wertegemeinschaft aufwirft.
Folgen für Deutschland und Europa
Während Ungarn auf Konfrontationskurs geht, könnten die Sanktionen auch Deutschland treffen. Die Raffinerie PCK Schwedt, die teilweise von russischem Öl abhängig ist, steht bereits unter Druck. Die Frage, ob in Berlin bald das Benzin knapp werden könnte, beschäftigt bereits die Medien.
Orbáns Ankündigung, US-Sanktionen aktiv umgehen zu wollen, sendet ein fatales Signal in Zeiten, in denen europäische Einigkeit gegenüber Russlands Aggression wichtiger denn je wäre. Es bleibt abzuwarten, wie Brüssel und Washington auf diese offene Provokation reagieren werden. Klar ist: Der ungarische Sonderweg wird die ohnehin komplexe Sanktionspolitik weiter verkomplizieren und könnte neue Risse in der westlichen Allianz offenbaren.
In einer Zeit, in der Deutschland unter der neuen Merz-Regierung versucht, die transatlantischen Beziehungen zu stärken und gleichzeitig europäische Souveränität zu wahren, wirkt Orbáns Vorstoß wie ein Anachronismus. Die Frage ist nicht, ob Ungarn sich diese Alleingänge noch lange leisten kann, sondern wie lange die EU noch bereit ist, sie zu tolerieren.
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