
Krankenstand-Debatte: Wolfgang Grupp attackiert Ärzte und fordert Lohnkürzungen für Kranke
Der ehemalige Trigema-Chef Wolfgang Grupp hat sich in die aktuelle Debatte um den hohen Krankenstand in Deutschland eingeschaltet und dabei kein Blatt vor den Mund genommen. In einem ZDF-Interview für die Reportagesendung "Am Puls" wetterte der 82-jährige Unternehmer gegen Ärzte, die seiner Meinung nach "sinnlos krankschreiben" würden. Doch damit nicht genug: Grupp forderte auch eine Kürzung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall auf 80 Prozent – ein Vorschlag, der in Zeiten ohnehin steigender Lebenshaltungskosten besonders zynisch anmutet.
Milliardenkosten durch Krankmeldungen
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Im Jahr 2023 mussten deutsche Unternehmen laut dem Institut der deutschen Wirtschaft in Köln satte 77 Milliarden Euro für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall aufwenden. Zum Vergleich: Das viel gescholtene Bürgergeld kostete den Staat im selben Jahr gerade einmal 24 Milliarden Euro. Im Jahr 2024 meldeten sich Deutsche durchschnittlich an 14,8 Tagen krank – ein Wert, der im europäischen Vergleich tatsächlich im oberen Drittel liegt.
Doch statt die Ursachen für den hohen Krankenstand zu hinterfragen – etwa die zunehmende psychische Belastung am Arbeitsplatz, den demografischen Wandel oder die Nachwirkungen der Corona-Pandemie – sucht Grupp die Schuld bei anderen. Seine Lösung klingt dabei so simpel wie fragwürdig: Wer krank sei, brauche schließlich auch weniger Geld.
Briefe an Ärzte: Grenzüberschreitung oder berechtigte Kritik?
Besonders brisant wird es, wenn Grupp über sein persönliches Vorgehen gegen Ärzte berichtet. "Es gibt kaum einen Arzt in unserem Umfeld, dem ich keinen satten Brief geschrieben habe", prahlte der Unternehmer im Interview. Man stelle sich vor: Ein Firmenchef, der Ärzte unter Druck setzt, weil diese ihre Patienten krankschreiben. Hier stellt sich die Frage, wo die Grenze zwischen unternehmerischem Interesse und ärztlicher Schweigepflicht verläuft.
Immerhin räumt selbst der Trigema-Betriebsratschef Karl-Josef Schoser ein, dass es bei dem Textilunternehmen nur zwei bis drei Mitarbeiter gebe, die sich regelmäßig krankschreiben lassen würden. Bei einer Belegschaft von mehreren hundert Mitarbeitern ist das eine verschwindend geringe Zahl. Dennoch scheint dies für Grupp Grund genug zu sein, das gesamte System der Lohnfortzahlung in Frage zu stellen.
Die wahren Probleme bleiben unerwähnt
Was in der ganzen Debatte untergeht, sind die tatsächlichen Herausforderungen des deutschen Gesundheitssystems. Hausärzte berichten von überfüllten Praxen und Personalmangel. Wenn eine Krankschreibung für eine Woche ausgestellt werde, geschehe dies oft aus praktischen Gründen: Die unterbesetzten Praxen könnten es sich schlicht nicht leisten, dass Patienten alle paar Tage für eine Verlängerung vorbeikommen.
Statt diese strukturellen Probleme anzugehen, wird lieber auf die vermeintlich faulen Arbeitnehmer und die angeblich zu laschen Ärzte eingedroschen. Dabei zeigen internationale Studien, dass eine gute Work-Life-Balance und ein respektvoller Umgang mit Mitarbeitern zu niedrigeren Krankenständen führen – nicht Drohungen und Lohnkürzungen.
Tankgutscheine als Lösung?
Die Lösung bei Trigema klingt dabei fast schon grotesk: Mitarbeiter, die sich zwei Monate lang nicht krankmelden, erhalten einen 50-Euro-Tankgutschein. Als ob Gesundheit eine Frage des Willens wäre und nicht etwa von Viren, Bakterien oder psychischen Belastungen abhinge. Diese Art der "Belohnung" erinnert eher an Konditionierung als an moderne Unternehmensführung.
Es ist bezeichnend für den Zustand der deutschen Wirtschaftsdebatte, dass solche Vorschläge überhaupt ernsthaft diskutiert werden. Während andere Länder über Vier-Tage-Wochen und bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf nachdenken, diskutiert Deutschland über Lohnkürzungen für Kranke. Kein Wunder, dass immer mehr qualifizierte Fachkräfte ins Ausland abwandern, wo sie nicht nur besser bezahlt werden, sondern auch mehr Wertschätzung erfahren.
Die Aussagen von Wolfgang Grupp mögen bei einigen Unternehmern auf Zustimmung stoßen. Doch sie zeigen vor allem eines: Ein veraltetes Menschenbild, das Arbeitnehmer primär als Kostenfaktor und nicht als wertvolle Ressource betrachtet. In Zeiten des Fachkräftemangels ist diese Haltung nicht nur moralisch fragwürdig, sondern auch wirtschaftlich kurzsichtig.
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