
Israels Geisel-Dilemma: Wenn Verhandlungspartner zu Zielen werden
Die jüngsten Luftschläge auf Hamas-Funktionäre in Doha werfen ein grelles Licht auf die israelische Verhandlungsstrategie – oder besser gesagt: auf deren offensichtliche Abwesenheit. Wenn ausgerechnet Ehud Olmert, ehemaliger israelischer Premierminister, seiner eigenen Regierung vorwirft, sie wolle die Geiseln gar nicht zurückholen, dann sollten in Tel Aviv sämtliche Alarmglocken schrillen.
Die Botschaft hinter den Bomben
Olmerts Kritik trifft ins Schwarze: Wer eine Verhandlungsdelegation bombardiert, der sendet ein unmissverständliches Signal. Es ist die diplomatische Entsprechung eines ausgestreckten Mittelfingers – nur eben mit tödlichen Konsequenzen. Der Angriff auf Hamas-Funktionär Khalil al-Hayya, bei dem dessen Sohn starb und seine Frau verletzt wurde, sei zum „falschen Zeitpunkt und am falschen Ort" erfolgt, so Olmert. Man könnte ergänzen: Es gibt überhaupt keinen richtigen Zeitpunkt, um Verhandlungspartner zu eliminieren, wenn man tatsächlich verhandeln will.
Die Logik dahinter erschließt sich nur, wenn man akzeptiert, was viele israelische Familien längst befürchten: Die Regierung Netanjahu hat die Geiseln bereits abgeschrieben. Sie sind zum Kollateralschaden einer Politik geworden, die auf maximale Eskalation setzt statt auf diplomatische Lösungen.
Ein Ex-Premier rechnet ab
Besonders brisant wird Olmerts Kritik durch seine Stellung im israelischen Establishment. Hier spricht kein Außenseiter, sondern jemand, der selbst einmal die Geschicke des Landes lenkte. Seine Worte an Al-Dschasira – ausgerechnet an den katarischen Sender – sind ein diplomatischer Paukenschlag. Wenn er davon spricht, dass die Regierung den Befehl gegeben habe, „Palästinenser unterschiedslos zu töten", dann wirft er seinem Nachfolger nichts weniger als systematische Kriegsverbrechen vor.
„Ein Kind sollte kein Opfer sein", sagte Olmert mit Blick auf den getöteten Sohn des Hamas-Funktionärs. „Zwar müssten Hamas-Mitglieder bestraft werden, aber deren Familien seien eine andere Geschichte."
Diese Differenzierung mag in Zeiten aufgeheizter Emotionen unpopulär sein, doch sie markiert die Grenze zwischen legitimer Selbstverteidigung und blindem Rachezug. Eine Grenze, die nach Olmerts Einschätzung längst überschritten wurde.
Die strategische Sackgasse
Was Olmert hier aufzeigt, ist das fundamentale Dilemma der israelischen Politik: Man kann nicht gleichzeitig Krieg führen und Frieden verhandeln. Die Bombardierung von Verhandlungspartnern macht jede diplomatische Lösung unmöglich. Es entsteht ein Teufelskreis aus Gewalt und Gegengewalt, der nur einer Seite nutzt – den Hardlinern auf beiden Seiten.
Die Hamas wird durch solche Aktionen in ihrer Propaganda bestätigt, dass Israel kein verlässlicher Verhandlungspartner sei. Gleichzeitig festigt Netanjahu seine Position bei jenen Wählern, die eine harte Linie fordern. Die Leidtragenden sind die Geiseln und ihre Familien, die zwischen den Fronten zerrieben werden.
Der Preis der Eskalation
Olmerts Ankündigung, aktiv am politischen Ende Netanjahus zu arbeiten, zeigt die Tiefe der Spaltung in der israelischen Gesellschaft. Wenn ehemalige Premierminister ihre Nachfolger als „Gefahr für das Land" bezeichnen, dann steht mehr auf dem Spiel als nur tagespolitische Differenzen. Es geht um die Seele Israels, um die Frage, ob das Land seinen demokratischen und rechtsstaatlichen Charakter bewahren kann.
Die internationale Kritik, die Olmert bereits in Interviews mit BBC und CNN unterstützte, wird durch solche Aktionen nur verstärkt. Wenn selbst israelische Ex-Regierungschefs von „Kriegsverbrechen" sprechen, dann verliert die Regierung ihre moralische Legitimation – nicht nur international, sondern auch im eigenen Land.
Die deutsche Perspektive
Aus deutscher Sicht offenbart dieser Konflikt einmal mehr die Grenzen der bedingungslosen Solidarität. Während unsere Ampel-Regierung – Gott sei Dank mittlerweile Geschichte – reflexartig jede israelische Aktion verteidigte, zeigt sich nun, dass selbst in Israel massive Zweifel an der Regierungspolitik bestehen. Die neue Große Koalition unter Friedrich Merz täte gut daran, differenzierter zu agieren.
Es ist höchste Zeit, dass auch in Deutschland erkannt wird: Kritik an der israelischen Regierung ist nicht gleichbedeutend mit Antisemitismus. Sie kann im Gegenteil Ausdruck echter Sorge um die Zukunft Israels sein – eine Sorge, die offensichtlich auch viele Israelis teilen.
Die Tragödie besteht darin, dass mit jedem Tag, an dem dieser Konflikt eskaliert, eine friedliche Lösung unwahrscheinlicher wird. Die Geiseln werden zum Spielball einer Politik, die längst jedes Maß verloren hat. Olmerts mutige Intervention mag spät kommen, aber sie ist notwendiger denn je. Denn wenn Israel seine Seele nicht verlieren will, muss es einen Weg aus der Spirale der Gewalt finden – bevor es zu spät ist.

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