
Inflationswende: Warum die Zinspolitik der Notenbanken ins Leere läuft
Die Zeiten, in denen Notenbanken mit ein paar Zinserhöhungen die Inflation in den Griff bekamen, sind vorbei. Diese unbequeme Wahrheit verkündet der renommierte Politökonom Mark Blyth und rüttelt damit an den Grundfesten der modernen Geldpolitik. Seine These: Die Inflation sei nicht mehr temporär, sondern strukturell – ein fundamentaler Wandel, der besonders Deutschland in eine prekäre Lage bringe.
Das Ende der geldpolitischen Allmacht
Jahrzehntelang galt es als ausgemachte Sache: Steigt die Inflation, erhöhen die Notenbanken die Zinsen, die Wirtschaft kühlt ab, die Preise stabilisieren sich. Dieses Rezept funktionierte in einer Welt, in der Angebot und Nachfrage weitgehend im Gleichgewicht waren. Doch diese Welt existiere nicht mehr, so Blyth. Die strukturellen Veränderungen der Weltwirtschaft hätten die klassischen Instrumente der Geldpolitik stumpf werden lassen.
Was wir derzeit erleben, sei keine gewöhnliche Nachfrageinflation, die sich mit höheren Zinsen bekämpfen ließe. Stattdessen hätten wir es mit einer Angebotsinflation zu tun, die ihre Wurzeln in geopolitischen Verwerfungen, unterbrochenen Lieferketten und dem Ende der Globalisierung, wie wir sie kannten, habe. Wenn das Angebot strukturell knapp sei, könnten noch so hohe Zinsen die Preise nicht drücken – sie würden lediglich die Wirtschaft abwürgen.
Geopolitische Zeitenwende treibt die Preise
Die Ursachen für diese neue Form der Inflation seien vielfältig und tiefgreifend. Der Ukraine-Krieg habe nicht nur die Energiepreise explodieren lassen, sondern auch die Nahrungsmittelversorgung destabilisiert. Die Spannungen zwischen den USA und China führten zu einer Entflechtung der Weltwirtschaft, die über Jahrzehnte gewachsene Effizienzgewinne zunichtemache. Hinzu kämen die Folgen des Klimawandels, die immer häufiger zu Ernteausfällen und Produktionsunterbrechungen führten.
Besonders brisant: Diese Faktoren seien nicht vorübergehender Natur. Die geopolitische Fragmentierung schreite voran, die Deglobalisierung beschleunige sich, und der Klimawandel werde die Produktionsbedingungen dauerhaft verändern. All dies schaffe ein Umfeld chronisch höherer Preise, gegen das die Notenbanken machtlos seien.
Deutschland im Auge des Sturms
Für Deutschland zeichnet Blyth ein besonders düsteres Bild. Als exportorientierte Volkswirtschaft, die jahrzehntelang von günstiger Energie aus Russland und offenen Weltmärkten profitierte, treffe die neue Realität die Bundesrepublik mit voller Wucht. Die Energiewende, ohnehin schon ein kostspieliges Unterfangen, werde durch die strukturell höheren Energiepreise noch teurer. Die deutsche Industrie, Rückgrat des Wohlstands, verliere ihre Wettbewerbsfähigkeit.
Verschärft werde die Lage durch die Politik der Ampel-Koalition, die mit ihren ideologischen Experimenten die Wirtschaft zusätzlich belaste. Die Kombination aus struktureller Inflation, hohen Energiekosten und politischen Fehlentscheidungen könne zu einer gefährlichen Abwärtsspirale führen. Während andere Länder versuchten, ihre Angebotsseite zu stärken, verfange sich Deutschland in Debatten über Gendern und Klimaneutralität.
Angebotspolitik statt Zinspolitik
Wenn die Geldpolitik versage, was sei dann die Alternative? Blyth plädiere für eine Renaissance der Angebotspolitik. Statt die Nachfrage zu drosseln, müsse das Angebot ausgeweitet werden. Das bedeute massive Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Technologie. Es bedeute auch, regulatorische Hürden abzubauen und die Produktivität zu steigern.
Doch genau hier offenbare sich das Dilemma: Während Länder wie die USA mit ihrem Inflation Reduction Act massiv in die Angebotsseite investierten, verstricke sich Europa in bürokratischen Vorgaben und ideologischen Grabenkämpfen. Die neue Große Koalition unter Friedrich Merz habe zwar Besserung versprochen, doch die Ankündigung eines 500-Milliarden-Euro-Sondervermögens lasse befürchten, dass auch sie den Weg der Schuldenpolitik einschlage – trotz gegenteiliger Wahlversprechen.
Die neue Normalität akzeptieren
Die Botschaft des Politökonomen sei eindeutig: Wir müssten uns auf eine Welt mit dauerhaft höheren Preisen einstellen. Die Ära des billigen Geldes und der niedrigen Inflation sei unwiderruflich vorbei. Für Sparer und Anleger bedeute dies, dass traditionelle Anlageformen wie Sparbücher oder Anleihen weiter an Attraktivität verlören. In einem Umfeld struktureller Inflation seien Sachwerte gefragt – allen voran physische Edelmetalle wie Gold und Silber, die seit Jahrtausenden als Inflationsschutz dienten.
Die Politik stehe vor der Herausforderung, diese neue Realität zu akzeptieren und entsprechend zu handeln. Statt auf die Notenbanken zu hoffen, müssten Regierungen selbst aktiv werden. Das erfordere jedoch einen Paradigmenwechsel, der in Deutschland besonders schwerfalle. Zu sehr habe man sich an die bequeme Illusion gewöhnt, dass die EZB schon alles richten werde.
Blyths Analyse mag unbequem sein, doch sie trifft den Kern der aktuellen Herausforderungen. Die strukturelle Inflation sei keine vorübergehende Erscheinung, sondern die neue Normalität. Je früher Politik, Wirtschaft und Gesellschaft dies akzeptierten, desto besser könnten sie sich darauf einstellen. Für Deutschland bedeute dies nichts weniger als eine grundlegende Neuausrichtung seiner Wirtschaftspolitik – weg von ideologischen Experimenten, hin zu einer pragmatischen Stärkung der Angebotsseite. Ob die neue Bundesregierung dazu in der Lage sei, werde sich zeigen. Die Zeit dränge jedenfalls.

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