
Veteranentag: Zwischen Würdigung und wachsender Militarisierung – Deutschland ringt um seine Identität
Während in Berlin der erste nationale Veteranentag mit Bühnenprogramm und prominenten Musikern zelebriert wird, offenbart sich ein tiefer Riss in der deutschen Gesellschaft. Was als Würdigung für zehn Millionen ehemalige und aktive Soldaten gedacht ist, entwickelt sich zur Grundsatzdebatte über Deutschlands militärische Zukunft – und wirft unbequeme Fragen auf.
Die vergessenen Helden von Hindukusch
Es war Peter Struck, der einst verkündete, Deutschlands Sicherheit werde auch am Hindukusch verteidigt. Doch was diese vollmundige Aussage für die Soldaten bedeutete, die tatsächlich dort kämpften, verwundet wurden und mit seelischen Narben zurückkehrten, interessierte die Politik jahrelang herzlich wenig. Ein ehemaliger Soldat bringt es auf den Punkt: Die politische Verantwortung für das, was in Afghanistan oder im Kosovo geschah, wurde schlichtweg nicht übernommen. Verwundete kamen nach Hause – und niemand fing sie auf.
Diese bittere Wahrheit spricht Bände über den Umgang Deutschlands mit seinen Soldaten. Während Politiker in Berlin große Reden schwingen, kämpfen Veteranen mit psychischen Erkrankungen, Integrationsproblemen und dem Gefühl, von der Gesellschaft vergessen worden zu sein. Der Veteranentag soll nun das richten, was jahrzehntelang versäumt wurde – ein später, vielleicht zu später Versuch der Wiedergutmachung.
Kriegstüchtigkeit als neue deutsche Tugend?
Besonders brisant wird die Debatte durch die Forderungen nach einer allgemeinen Dienstpflicht. Thomas Röwekamp, Vorsitzender des Verteidigungsausschusses, nutzt den Veteranentag als Bühne für seine Vision einer wehrhaften Gesellschaft. Männer und Frauen gleichermaßen sollen zum Dienst verpflichtet werden – ein Vorschlag, der in Zeiten angeblicher "sicherheitspolitischer Herausforderungen" auf fruchtbaren Boden fallen könnte.
Doch wohin führt dieser Weg? Dietmar Bartsch von der Linken warnt eindringlich vor einer Gesellschaft, die immer stärker in Richtung Aufrüstung und Verteidigung abdriftet. Seine Mahnung, aus der Geschichte zu lernen, verhallte wohl ungehört zwischen den Klängen von Michael Schulte und Glasperlenspiel vor dem Reichstag. Die Gefahr eines Atomkriegs sei real – doch statt Nachdenklichkeit dominiert martialische Rhetorik.
Die schleichende Militarisierung der Gesellschaft
Was sich hier abzeichnet, ist mehr als nur ein Veteranentag. Es ist der Versuch, die deutsche Gesellschaft grundlegend umzuformen. Begriffe wie "Kriegstüchtigkeit" werden salonfähig gemacht, während gleichzeitig über die Wiedereinführung der Wehrpflicht diskutiert wird. Verteidigungsminister Pistorius lässt bereits durchblicken, dass die im Koalitionsvertrag vereinbarte Freiwilligkeit nur so lange gilt, wie genügend Soldaten rekrutiert werden können – eine bemerkenswert flexible Auslegung politischer Versprechen.
Die wahre Tragik liegt darin, dass berechtigte Anliegen der Veteranen für eine politische Agenda instrumentalisiert werden. Statt sich auf die Unterstützung traumatisierter Soldaten zu konzentrieren, wird der Veteranentag zur Bühne für Aufrüstungsfantasien. Die zehn Millionen ehemaligen und aktiven Soldaten verdienen Anerkennung und Unterstützung – keine Vereinnahmung für eine neue Militarisierung.
Ein gefährlicher Weg in unsichere Zeiten
Deutschland steht an einem Scheideweg. Der Veteranentag könnte ein wichtiger Schritt zur gesellschaftlichen Anerkennung militärischer Dienste sein. Doch die Art und Weise, wie er politisch aufgeladen wird, lässt Schlimmes befürchten. Wenn aus berechtigter Würdigung eine Glorifizierung des Militärischen wird, wenn aus Anerkennung Aufrüstung folgt, dann hat Deutschland nichts aus seiner Geschichte gelernt.
Die Bundeswehr verdient Respekt für ihre Arbeit. Veteranen verdienen Unterstützung und Anerkennung. Doch was Deutschland nicht braucht, ist eine schleichende Militarisierung unter dem Deckmantel der Würdigung. Die Warnung vor einer Gesellschaft, die "in Richtung Verteidigung und Aufrüstung abdriftet", sollte ernst genommen werden – bevor es zu spät ist.
In Zeiten globaler Unsicherheit mag der Ruf nach militärischer Stärke verlockend erscheinen. Doch wahre Sicherheit entsteht nicht durch Aufrüstung, sondern durch kluge Diplomatie und wirtschaftliche Stabilität. Wer sein Vermögen in unsicheren Zeiten schützen möchte, sollte daher auch über bewährte Anlageformen wie physische Edelmetalle nachdenken – sie bieten Sicherheit jenseits politischer Turbulenzen und militärischer Abenteuer.