
Venezuela am Scheideweg: Droht der nächste amerikanische Regime-Change-Krieg?
Die Geister der Vergangenheit scheinen in Washington niemals zur Ruhe zu kommen. Während die Welt gebannt auf andere Krisenherde blickt, braut sich im Hintergrund möglicherweise der nächste militärische Konflikt zusammen – diesmal mit Venezuela als Zielscheibe. Eine hitzige Debatte zwischen dem konservativen Publizisten Curt Mills und dem venezolanischen Oppositionellen Emmanuel Rincon offenbart die tiefen Gräben in der amerikanischen Außenpolitik.
Der venezolanische Chalabi: Eine Warnung aus der Geschichte
Mills, Geschäftsführer von The American Conservative, zog einen vernichtenden Vergleich, der in Washington für Unbehagen sorgen dürfte. Er bezeichnete die Befürworter eines Regime-Wechsels als moderne Wiedergänger jener Exilanten, die vor dem Irak-Krieg fantastische Versprechungen machten. „Ich debattiere wohl gegen den venezolanischen Ahmed Chalabi", bemerkte Mills mit schneidender Schärfe.
Der Verweis auf Chalabi ist dabei alles andere als zufällig gewählt. Jener wohlhabende irakische Exilant hatte den amerikanischen Neokonservativen einst genau das erzählt, was sie hören wollten: Ein Sturz Saddams würde blitzschnell eine säkulare, pro-westliche Demokratie hervorbringen. Die „entscheidenden Geheimdienstinformationen" über irakische Waffen, die Chalabis Kreis lieferte, erwiesen sich später als nahezu vollständig falsch – doch da war der Krieg längst im Gange.
Die unbequeme Wahrheit über Interventionen
Was Mills besonders scharf kritisierte, war die vermeintliche Sicherheitslogik hinter einer möglichen Intervention. Die Bekämpfung von Kriminalität und Drogenhandel als Rechtfertigung für einen Regime-Wechsel sei, so Mills, ein groteskes Missverhältnis der Mittel. „Die USA müssen nicht überall auf der Welt jedes Verbrechen stoppen", argumentierte er. Der Schutz amerikanischer Bürger lasse sich weitaus effektiver durch Grenzsicherung und Zusammenarbeit mit Strafverfolgungsbehörden erreichen als durch einen Krieg.
„Wir wissen es nicht. Und das ist nicht die Angelegenheit der USA."
Diese nüchterne Feststellung Mills' trifft den Kern des Problems. Die Diaspora-Gruppen, die in Washington Gehör finden, machen regelmäßig weitreichende Behauptungen darüber, was „die Menschen auf der Straße" angeblich denken und wie das Land „am Tag danach" aussehen würde – stets unter der stillschweigenden Annahme, dass sie selbst und ihre Verbündeten die Macht übernehmen würden.
Drogenbekämpfung oder Krieg? Ein semantisches Versteckspiel
Emmanuel Rincon versuchte, die Debatte in eine andere Richtung zu lenken. Man führe keinen Krieg gegen Venezuela, sondern gegen ein Drogenkartell – das sei nicht dasselbe, argumentierte er. Die venezolanische Armee würde sich niemals auf einen Konflikt mit den Vereinigten Staaten einlassen.
Mills ließ diese Argumentation nicht gelten und entlarvte sie als semantische Ausweichmanöver. „Wie im Zweiten Weltkrieg hätte man argumentieren können, dass wir nicht gegen Deutschland in den Krieg ziehen – sondern gegen das Nazi-Regime, gegen die SS", konterte er. „Aber natürlich zogen wir gegen Deutschland in den Krieg." Dieselbe Logik gelte für Caracas: Ein Angriff würde Venezuela treffen – die Menschen, die das Land heute regieren.
Das amerikanische Ukraine-Szenario
Die eigentliche Gefahr, so Mills' düstere Prognose, sei strategischer Selbstschaden. Venezuela könnte zum „amerikanischen Ukraine" werden – ein Krieg nach Wahl, der die USA in einen Sumpf zieht und eine gesamte Präsidentschaft verschlingt. Angesichts der bereits bestehenden globalen Verpflichtungen und Konflikte wäre dies ein Abenteuer mit unkalkulierbaren Risiken.
Die Debatte zeigt einmal mehr, wie tief die interventionistische Versuchung in Washington verwurzelt ist. Während Think Tanks und Exilgruppen bereits Pläne schmieden, sollten sich die Entscheidungsträger an die bitteren Lektionen aus dem Irak, Libyen und Afghanistan erinnern. Die Geschichte lehrt uns, dass die Versprechungen von „schnellen Siegen" und „blühenden Demokratien" regelmäßig in jahrzehntelangem Chaos enden.
Für konservative Beobachter stellt sich die Frage, ob eine America-First-Politik tatsächlich mit neuen militärischen Abenteuern in Lateinamerika vereinbar ist – oder ob wahre Stärke nicht vielmehr in der Zurückhaltung liegt.

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