
Unionschaos bei Richterwahl: Wenn die Führungsschwäche zum Verfassungsproblem wird
Was sich da im Bundestag abgespielt hat, ist ein politisches Armutszeugnis erster Güte. Die Union, die sich gerne als staatstragende Kraft inszeniert, hat es tatsächlich geschafft, die Wahl von drei Verfassungsrichtern platzen zu lassen – und das nicht etwa aus hehren verfassungsrechtlichen Bedenken, sondern aus purem Unvermögen, die eigene Fraktion im Griff zu haben. Kanzler Merz und sein Fraktionschef Spahn stehen da wie begossene Pudel, während ihre Hinterbänkler das höchste deutsche Gericht zur politischen Spielwiese degradieren.
Die SPD schäumt – zu Recht?
Matthias Miersch, seines Zeichens SPD-Fraktionschef, spricht von einer "bewussten Demontage" des Bundesverfassungsgerichts. Das mag dramatisch klingen, trifft aber den Kern der Sache. Wenn etablierte Verfahren, die sich über Jahrzehnte bewährt haben, plötzlich über den Haufen geworfen werden, weil ein paar konservative Hardliner in der Union kalte Füße bekommen, dann ist das tatsächlich brandgefährlich für unsere demokratischen Institutionen.
Die Ironie dabei: Es war ausgerechnet ein langjähriger CDU-Spitzenpolitiker und ehemaliger Verfassungsrichter, Peter Müller, der seiner eigenen Partei "eklatantes Führungsversagen" attestierte. Wenn sogar die eigenen Leute derart deutlich werden, sollte das zu denken geben. Müller bringt es auf den Punkt: Man könne doch nicht der SPD zusagen, eine Kandidatin mitzutragen, um dann festzustellen, dass die eigene Fraktion nicht mitspielt. Das ist nicht nur peinlich, das ist politisches Harakiri.
Der wahre Skandal: Inhaltliche Leere statt sachlicher Kritik
Was waren denn die großen Einwände gegen Frauke Brosius-Gersdorf? Ihre Positionen zur Abtreibung seien manchen Unionspolitikern zu liberal. Und dann noch diese ominösen Plagiatsvorwürfe, die sich bei näherer Betrachtung als heiße Luft entpuppten. Der als "Plagiatsjäger" bekannte Stefan Weber selbst stellte klar, dass von ihm keine Plagiatsvorwürfe erhoben wurden. Die angeblichen "Textidentitäten" zwischen ihrer Doktorarbeit von 1997 und der Habilitation ihres Ehemannes von 2000? Ein Witz – zeitlich ist es schlicht unmöglich, dass sie von ihm abgeschrieben haben könnte.
"Wer da versucht, Politik zu machen, ist nicht gesprächsfähig. Für mich dokumentiert dieser Vorgang, dass wir in der politischen Mitte zunehmend unfähig werden, andere Meinungen auszuhalten."
Diese Worte von Peter Müller sollten der Union zu denken geben. Das Bundesverfassungsgericht brauche "unterschiedliche Persönlichkeiten", betonte er. Genau das ist der Punkt: Ein pluralistisch besetztes Verfassungsgericht ist kein Bug, sondern ein Feature unserer Demokratie.
Dobrindt versucht sich in Schadensbegrenzung
Während die SPD vor Wut kocht und selbst CDU-Granden den Kopf schütteln, versucht Bundesinnenminister Alexander Dobrindt die Wogen zu glätten. Seine Relativierungsversuche wirken dabei fast schon komisch: Das sei halt ein "politischer Prozess", bei dem "das ursprüngliche Ziel nicht zwingend dem letztlichen Ergebnis entspreche". Mit Verlaub, Herr Minister, aber wenn die eigene Fraktion derart aus dem Ruder läuft, dass wichtige Verfassungsrichterwahlen platzen, dann ist das kein normaler politischer Prozess, sondern ein Offenbarungseid.
Immerhin: Die Funktionsfähigkeit des Gerichts sei nicht gefährdet, versichert der ehemalige Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, Ferdinand Kirchhof. Die ausscheidenden Richter würden ihr Amt fortführen, bis Nachfolger gewählt seien. Das mag beruhigend klingen, ändert aber nichts an der Blamage.
Was bleibt: Ein Scherbenhaufen und viele Fragen
Die Wahl soll nun nach der Sommerpause stattfinden. Ob sich bis dahin die Gemüter beruhigt haben? Fraglich. Die SPD hat bereits klargemacht, dass sie an ihrer Kandidatin Brosius-Gersdorf festhalten werde. Diese sei sogar bereit, sich persönlich den Fragen der Unionsabgeordneten zu stellen – ein Entgegenkommen, das eigentlich nicht nötig sein sollte.
Was dieser Vorfall zeigt, ist symptomatisch für den Zustand unserer politischen Kultur. Statt sachlicher Auseinandersetzung dominieren Hinterzimmer-Intrigen und ideologische Grabenkämpfe. Die Union, die sich gerne als Stabilitätsanker präsentiert, hat bewiesen, dass sie nicht einmal ihre eigene Fraktion im Griff hat. Und die SPD? Die kann sich zwar zu Recht empören, trägt aber durch ihre oft ideologisch aufgeladene Personalpolitik auch nicht gerade zur Entspannung bei.
Am Ende verlieren alle: Die Politik an Glaubwürdigkeit, das Verfassungsgericht an Ansehen und die Bürger das Vertrauen in ihre demokratischen Institutionen. Wenn selbst die Besetzung des höchsten deutschen Gerichts zum parteipolitischen Hickhack verkommt, dann läuft etwas gewaltig schief in diesem Land. Es wäre an der Zeit, dass sich die politischen Akteure wieder auf das besinnen, was ihre eigentliche Aufgabe ist: dem Land und seinen Bürgern zu dienen, nicht ihren eigenen Machtspielchen.

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