
Schwarz-Rot in Würzburg: Zwischen Harmonie-Show und harten Realitäten
Die Große Koalition probt den Neustart. In Würzburg treffen sich die Fraktionsspitzen von CDU/CSU und SPD zu einer zweitägigen Klausur, die nach außen hin vor allem eines signalisieren soll: Wir haben uns wieder lieb. Nach dem peinlichen Debakel um die Richterwahl am Bundesverfassungsgericht und wochenlangen öffentlichen Streitereien versuchen die Koalitionäre nun, den Schein der Einigkeit zu wahren.
SPD-Fraktionschef Matthias Miersch gibt sich in den tagesthemen betont optimistisch. Man habe eine "ehrliche Aussprache" geführt, die ihn "positiv hoffen" lasse. Welch bemerkenswerte Leistung – die Regierungsfraktionen schaffen es tatsächlich, miteinander zu reden! In normalen Zeiten wäre das eine Selbstverständlichkeit, in der schwarz-roten Realität offenbar ein Grund zum Feiern.
Das Brosius-Gersdorf-Desaster als Lehrstück
Besonders pikant: Miersch betont, dass sich das Chaos um die gescheiterte Richterwahl "nie wiederholen" dürfe. Die SPD-Kandidatin Brosius-Gersdorf war im Juli durchgefallen, weil die Union ihr die Unterstützung verweigerte – ein beispielloser Affront zwischen Koalitionspartnern. Dass Miersch damals sogar die Belastbarkeit der Koalition infrage stellte, zeigt, wie tief die Risse in diesem Regierungsbündnis tatsächlich sind.
Nun also der große Versöhnungsversuch. Unionsfraktionschef Jens Spahn bedauert artig, dass man "so in die Sommerpause gestartet" sei. Das hätte "besser laufen müssen" – eine Meisterleistung der Untertreibung. Spahn will nun einen "Geist von Würzburg" beschwören. Man fragt sich unwillkürlich: Ist das derselbe Geist, der schon beim "Geist von Meseberg" oder anderen Klausurtagungen beschworen wurde und dann spurlos verpuffte?
Die wahren Herausforderungen warten noch
Während die Koalitionäre in Würzburg Teambuilding betreiben und für gemeinsame Fotos auf der Mainbrücke posieren, türmen sich die eigentlichen Probleme nur noch höher auf. Die Haushaltsverhandlungen für 2025 und 2026 stehen bevor – und hier prallen die unterschiedlichen Vorstellungen von Union und SPD frontal aufeinander.
Die SPD liebäugelt mit Steuererhöhungen, die Union lehnt diese kategorisch ab. Bei der Reform des Sozialstaats liegen die Positionen meilenweit auseinander. Das Bürgergeld ist zum Zankapfel geworden, bei dem keine Seite nachgeben will. Und das sind nur die offensichtlichsten Konfliktfelder.
"Wir sehen, dass auch der Kompromiss in diesen Zeiten sehr, sehr schwer vermittelbar ist. Aber die Demokratie kann ohne Kompromiss nicht existieren."
So philosophiert Miersch über die Kunst des Kompromisses. Doch was er verschweigt: Die ständigen faulen Kompromisse dieser Koalition sind es, die das Vertrauen der Bürger in die Politik erschüttern. Wenn jede Entscheidung bis zur Unkenntlichkeit verwässert wird, wenn niemand mehr weiß, wofür die Regierung eigentlich steht, dann ist das keine funktionierende Demokratie, sondern politischer Stillstand.
NATO-Generalsekretär als Ablenkungsmanöver?
Interessant auch die Choreografie des Treffens: NATO-Generalsekretär Mark Rutte wurde eingeladen, um über Sicherheitspolitik zu diskutieren. Ein Thema, bei dem Union und SPD traditionell näher beieinander liegen als bei innenpolitischen Fragen. Man könnte fast meinen, hier solle künstlich ein Konsensfeld geschaffen werden, um von den eigentlichen Streitpunkten abzulenken.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann spricht davon, man wolle "Kraft tanken" für einen "Herbst der Reformen". Doch welche Reformen sollen das sein? Die dringend notwendige Entbürokratisierung? Eine echte Migrationswende? Eine grundlegende Steuerreform? Oder doch nur wieder Klein-Klein-Politik, die niemandem wehtut und nichts verändert?
Die Realität hinter der Harmonie-Fassade
Was in Würzburg inszeniert wird, ist letztlich eine Flucht vor der Realität. Diese Koalition ist nicht aus Überzeugung entstanden, sondern aus Machtkalkül. CDU/CSU und SPD haben sich zusammengefunden, weil es rechnerisch reichte – nicht weil sie eine gemeinsame Vision für Deutschland hätten.
Bundeskanzler Friedrich Merz, der sich gerne als starker Reformer präsentiert, ist in Wahrheit gefangen zwischen den Flügeln seiner eigenen Partei und einem Koalitionspartner, der jeden Reformansatz blockiert. Die SPD wiederum klammert sich an ihre alten Rezepte – mehr Staat, mehr Umverteilung, mehr Regulierung – obwohl diese längst an ihre Grenzen gestoßen sind.
Die wahre Tragödie dieser Koalition liegt darin, dass sie in einer Zeit regiert, in der Deutschland mutige Entscheidungen bräuchte. Die Wirtschaft schwächelt, die Infrastruktur verfällt, die Sozialsysteme sind überlastet, die Kriminalität steigt. Doch statt diese Probleme anzupacken, beschäftigt sich die Regierung mit sich selbst.
Ein Blick in die Zukunft
Am Freitagnachmittag werden die Fraktionsspitzen ihre Statements abgeben. Man darf gespannt sein, welche Worthülsen dann präsentiert werden. "Vertrauen", "Verantwortung", "gemeinsame Lösungen" – das übliche Vokabular der politischen Beliebigkeit.
Die Bürger durchschauen dieses Schauspiel längst. Sie wissen, dass der "Geist von Würzburg" spätestens dann verfliegt, wenn es wieder um konkrete Entscheidungen geht. Dann wird aus der beschworenen Einigkeit wieder das gewohnte Hickhack, aus den großen Reformankündigungen werden kleine Kompromisse, aus dem Aufbruch wird Stillstand.
Deutschland hätte eine Regierung verdient, die nicht ständig mit sich selbst beschäftigt ist, sondern die drängenden Probleme des Landes anpackt. Eine Regierung, die klare Positionen vertritt und diese auch durchsetzt. Eine Regierung, die den Mut hat, unpopuläre aber notwendige Entscheidungen zu treffen. Doch von all dem ist in Würzburg nichts zu spüren. Stattdessen gibt es Gruppenfotos auf der Mainbrücke und warme Worte über Vertrauen und Zusammenarbeit. Es ist zum Verzweifeln.

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