
Industriestrompreis: Teures Pflaster für die Steuerzahler
Die deutsche Industrie ächzt unter den Energiekosten – und die Große Koalition greift tief in die Staatskasse. Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) kündigte bei einer Industriekonferenz in Berlin an, dass ab Januar 2026 ein subventionierter Industriestrompreis kommen soll. Was als Rettungsanker für die energieintensive Industrie verkauft wird, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als weiteres Milliardengrab für den deutschen Steuerzahler.
Fünf Cent – aber nur für die Hälfte
Das Konzept, das eine Allianz um die bundeseigene Deutsche Energieagentur (Dena) ausgearbeitet hat, klingt zunächst verlockend: Energieintensive Betriebe sollen für fünf Cent je Kilowattstunde Strom beziehen können. Der Haken dabei? Diese Vergünstigung gilt nur für die Hälfte des individuellen Stromverbrauchs. Die andere Hälfte müssen die Unternehmen weiterhin zu Marktpreisen beziehen – Preise, die dank der verfehlten Energiepolitik der vergangenen Jahre astronomische Höhen erreicht haben.
Rund 2.000 Unternehmen mit einem jährlichen Gesamtverbrauch von etwa 100 Terawattstunden würden von dieser Regelung profitieren. Die Rechnung für den Bund: 1,5 Milliarden Euro pro Jahr. Bei einer auf drei Jahre begrenzten Laufzeit – so schreibt es das EU-Beihilferecht vor – summiert sich das auf 4,5 Milliarden Euro. Geld, das der ohnehin klamme Staatshaushalt eigentlich nicht hat.
Symptombekämpfung statt Ursachenforschung
Bernd Weber, Gründer der Denkfabrik Epico, bringt es auf den Punkt: „Der Industriestrompreis wirkt wie ein Schmerzmittel. Er heilt aber nicht die Ursachen für die Abwanderung von Investitionen." Treffender könnte man die Hilflosigkeit der deutschen Politik kaum beschreiben. Statt die hausgemachten Probleme der Energiewende anzugehen, wird mit Steuergeld nachgebessert.
Die wahren Ursachen der Misere liegen auf der Hand: Der überhastete Atomausstieg, die einseitige Fixierung auf volatile erneuerbare Energien und die Abhängigkeit von Gasimporten haben Deutschland in eine energiepolitische Sackgasse manövriert. Während andere Länder auf einen ausgewogenen Energiemix setzen, hat sich Deutschland ideologisch verrannt.
Der Stahlgipfel als Offenbarungseid
Dass Reiches Ankündigung ausgerechnet kurz vor dem „Stahlgipfel" bei Bundeskanzler Friedrich Merz erfolgt, ist kein Zufall. Die deutsche Stahlindustrie steht mit dem Rücken zur Wand. Internationale Konkurrenten produzieren zu einem Bruchteil der deutschen Energiekosten. Die Folge: Werksschließungen, Stellenabbau und die schleichende Deindustrialisierung Deutschlands.
Besonders pikant: Neben dem Industriestrompreis soll auch die sogenannte Strompreiskompensation über 2030 hinaus verlängert werden. Ein weiteres Subventionsinstrument, das die Symptome lindert, aber die Krankheit nicht heilt. Man könnte meinen, die Politik habe sich damit abgefunden, dass Deutschland als Industriestandort nicht mehr wettbewerbsfähig ist und versucht nun, den Niedergang mit Steuergeldern zu verlangsamen.
Europäischer Patriotismus oder nationale Kapitulation?
SPD-Chef Lars Klingbeil forderte im Vorfeld des Stahlgipfels „mehr europäischen Patriotismus". Was er damit meint? Vermutlich, dass andere EU-Länder die Zeche für Deutschlands energiepolitische Fehlentscheidungen mittragen sollen. Ein bemerkenswerter Ansatz, der zeigt, wie weit sich die deutsche Politik von der Realität entfernt hat.
Während die Politik von Industriestrompreisen und europäischer Solidarität träumt, sprechen die Zahlen eine andere Sprache: Fast die Hälfte der Ladengeschäfte verzeichnet weniger Kunden, jedes dritte Unternehmen plant für 2026 Stellenabbau, und die Maschinenbau-Aufträge brechen ein. Das ist die bittere Realität des Wirtschaftsstandorts Deutschland im Jahr 2025.
Zeit für echte Lösungen
Statt weitere Milliarden in Subventionen zu pumpen, wäre es an der Zeit, die Energiepolitik grundlegend zu überdenken. Ein ausgewogener Energiemix, der Abbau bürokratischer Hürden und eine wettbewerbsfähige Steuerpolitik wären erste Schritte in die richtige Richtung. Doch dafür müsste die Politik bereit sein, ideologische Scheuklappen abzulegen und pragmatische Entscheidungen zu treffen.
Der geplante Industriestrompreis ist nichts anderes als ein teures Eingeständnis des Scheiterns. Er verschiebt die Probleme in die Zukunft und belastet kommende Generationen mit weiteren Schulden. In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit wäre es klüger, in echte Wettbewerbsfähigkeit zu investieren statt in künstliche Beatmung. Doch von dieser Einsicht scheint die Große Koalition noch weit entfernt zu sein.

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