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15.12.2025
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Historische Blindheit: Warum Europas Russland-Politik seit zwei Jahrhunderten in die Katastrophe führt

Ein amerikanischer Ökonom und Diplomat legt den Finger in eine Wunde, die Europa seit über zweihundert Jahren mit sich herumträgt. Jeffrey Sachs, einst Berater von Regierungen auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs, formuliert eine These, die in den Ohren westlicher Politiker wie Häresie klingen muss: Europa hat den Frieden mit Russland nicht etwa deshalb verfehlt, weil Moskau ihn verweigerte – sondern weil der Westen ihn systematisch ablehnte, obwohl er greifbar nahe war.

Die strukturelle Russophobie als Europas Erbsünde

Was Sachs beschreibt, ist kein emotionaler Hass auf Russen oder ihre Kultur. Es handelt sich vielmehr um ein tief im europäischen Sicherheitsdenken verankertes Vorurteil: die Annahme, dass Russland eine Ausnahme von den üblichen diplomatischen Regeln darstellt. Während anderen Großmächten legitime Sicherheitsinteressen zugestanden werden, die es abzuwägen gilt, werden Russlands Anliegen per definitionem als illegitim betrachtet – bis das Gegenteil bewiesen ist. Diese Asymmetrie, so Sachs, überdauert Regime-, Ideologie- und Führungswechsel. Sie verwandelt politische Meinungsverschiedenheiten in moralische Absolutheiten und macht jeden Kompromiss verdächtig.

Das Muster ist frappierend: Ob zaristisches Russland, Sowjetunion oder postsowjetische Föderation – der Westen behandelte russische Sicherheitsbedenken nie als das, was sie waren: legitime Interessen einer Großmacht, die in eine europäische Ordnung integriert werden müssten. Stattdessen wurden sie als moralische Verfehlungen gebrandmarkt, denen man widerstehen, die man eindämmen oder schlicht ignorieren musste.

Der Krimkrieg als Gründungstrauma

Sachs beginnt seine historische Analyse im 19. Jahrhundert. Nach Napoleons Niederlage 1815 stand Russland im Zentrum des europäischen Konzerts – als Mit-Garant des kontinentalen Gleichgewichts. Doch innerhalb einer Generation wandelte sich das Bild: In der britischen und französischen politischen Kultur setzte sich die Überzeugung durch, Russland sei keine gewöhnliche Großmacht, sondern eine zivilisatorische Gefahr.

Das Pogodin-Memorandum von 1853 an Zar Nikolaus I. entlarvt diese Doppelmoral mit erschreckender Klarheit. Der russische Historiker listet Episoden westlicher Gewalt auf – Frankreichs Annexion Algeriens, Englands Eroberungen in Indien, die Bombardierung griechischer Schiffe – und stellt sie der europäischen Empörung über russische Aktionen in angrenzenden Regionen gegenüber. Nikolaus' Randbemerkung zu Pogodins Fazit, vom Westen sei nur „blinder Hass und Bosheit" zu erwarten, lautete schlicht: „Das ist der springende Punkt."

„Frankreich besetzt Rom und bleibt dort mehrere Jahre in Friedenszeiten: Das ist nichts Schlimmes; doch Russland denkt nur an die Besetzung Konstantinopels, und der Frieden Europas ist bedroht."

Der Krimkrieg, der folgte, war im strengen strategischen Sinne nicht notwendig. Eine Verhandlungslösung wäre möglich gewesen. Doch ein Kompromiss mit Russland war in London und Paris politisch brisant geworden. Die Folgen waren für Europa verheerend: massive Opferzahlen, keine dauerhafte Sicherheitsarchitektur und die Verfestigung eines ideologischen Reflexes, der Russland als Ausnahme von den üblichen Großmachtverhandlungen betrachtete.

Die Intervention im Bürgerkrieg: Der Westen als Aggressor

Nach der bolschewistischen Revolution 1917 ging der Westen von Rivalität zur direkten Intervention über. Westliche Truppen landeten in Archangelsk, Murmansk, Sibirien und am Schwarzen Meer. Die offizielle Begründung – Kriegslogistik und die Befürchtung, Material könnte in deutsche Hände fallen – hielt nach der deutschen Kapitulation im November 1918 nicht mehr stand. Dennoch endete die Intervention nicht; sie wandelte sich zum Versuch eines Regimewechsels.

Die Ironie dieser Episode ist bitter: Durch den Eintritt in den russischen Bürgerkrieg stärkte der Westen die Legitimität der Bolschewiki im Inland. Ausländische Armeen und von ausländischen Mächten unterstützte Weiße Truppen erleichterten es den Bolschewiki, sich als Verteidiger der russischen Unabhängigkeit gegen imperiale Einkreisung darzustellen. Der Versuch, den Bolschewismus zu brechen, trug zur Festigung eben jenes Regimes bei, das er bekämpfte.

Die 1930er Jahre: Antikommunismus vor Antifaschismus

Das vielleicht verheerendste Beispiel westlicher Kurzsichtigkeit liefern die 1930er Jahre. Der Aufstieg Hitlers stellte eine existenzielle Bedrohung für Europa dar, doch die führenden Mächte stuften den Bolschewismus wiederholt als die größere Gefahr ein. Die Sowjetunion unternahm unter Außenkommissar Litwinow nachhaltige Anstrengungen, ein System kollektiver Sicherheit gegen Nazi-Deutschland aufzubauen. Diese Bemühungen stießen auf eine ideologische Hierarchie im Westen, in der der Antikommunismus den Antifaschismus übertrumpfte.

Die anglo-französisch-sowjetischen Verhandlungen in Moskau 1939 scheiterten nicht an sowjetischer Doppelzüngigkeit. Sie scheiterten, weil Großbritannien und Frankreich nicht bereit waren, verbindliche Verpflichtungen einzugehen oder die UdSSR als gleichberechtigten Militärpartner anzuerkennen. Der Molotow-Ribbentrop-Pakt war nicht die Ursache für Europas Scheitern, sondern dessen Folge – eine brutale, zynische Entscheidung, getroffen in einem Kontext, in dem der Westen bereits einen Frieden mit Russland in der einzigen Form abgelehnt hatte, die Hitler hätte aufhalten können.

Die Stalin-Note: Wiedervereinigung war möglich

Nach dem Zweiten Weltkrieg hätte Europa die Lehre verinnerlichen müssen, dass dauerhafter Frieden die explizite Berücksichtigung von Russlands zentralen Sicherheitsbedenken erfordert. In Potsdam 1945 erzielten die Siegermächte einen klaren Konsens: Entmilitarisierung, Entnazifizierung, Demokratisierung. Deutschland sollte als eine einzige Wirtschaftseinheit behandelt werden; seine Streitkräfte sollten aufgelöst werden.

Doch fast unmittelbar danach begannen die Westmächte, diese Verpflichtungen neu zu interpretieren – und sie dann stillschweigend aufzugeben. Als Stalin 1952 sein Angebot der deutschen Wiedervereinigung auf der Grundlage der Neutralität unterbreitete, hatten die Westmächte Deutschland bereits auf den Weg der Bündnisintegration und Wiederbewaffnung gebracht.

Bundeskanzler Adenauer kannte die Echtheit der Stalin-Note – und lehnte sie dennoch ab. Er fürchtete nicht den bösen Willen der Sowjetunion, sondern die deutsche Demokratie. Er sorgte sich, dass eine zukünftige deutsche Regierung Neutralität und eine Versöhnung mit Moskau wählen könnte. Frieden und Wiedervereinigung wurden vom Westen nicht abgelehnt, weil sie unmöglich waren, sondern weil sie für das westliche Bündnissystem politisch ungünstig waren.

Das Ende des Kalten Krieges: Die größte verpasste Chance

Wenn es jemals einen Moment gab, in dem Europa endgültig mit seiner langen Tradition der Ablehnung von Frieden mit Russland hätte brechen können, dann war es das Ende des Kalten Krieges. Gorbatschows Vision eines „Gemeinsamen Europäischen Hauses" und die Charta von Paris formulierten eine Sicherheitsordnung, die auf Inklusion und Unteilbarkeit beruhte. Europa entschied sich stattdessen für die NATO-Erweiterung.

George Kennans Warnung von 1997, die NATO-Erweiterung sei ein „verhängnisvoller Fehler", erfasste das strategische Risiko mit bemerkenswerter Klarheit. Die Demütigung und Marginalisierung einer Großmacht in einem Moment der Schwäche würde Ressentiments, Revanchismus und Militarisierung hervorrufen. Seine Warnung wurde als überholter Realismus abgetan. Die nachfolgende Geschichte bestätigte seine Argumentation fast Punkt für Punkt.

Istanbul 2022: Der Frieden, der verhindert wurde

Selbst nach Beginn der russischen Militäroperation in der Ukraine war Frieden nicht unmöglich. Im März und April 2022 führten Russland und die Ukraine in Istanbul Verhandlungen, die zu einem detaillierten Rahmenentwurf führten. Die Ukraine schlug dauerhafte Neutralität mit internationalen Sicherheitsgarantien vor; Russland akzeptierte das Prinzip.

Dennoch scheiterten die Istanbul-Gespräche, als die USA und Großbritannien intervenierten und die Ukraine aufforderten, das Abkommen nicht zu unterzeichnen. Nach immensem Blutvergießen dient dasselbe Istanbul-Rahmenabkommen heute erneut als Bezugspunkt für diplomatische Bemühungen – ein tragisches Muster, das sich durch die Geschichte zieht.

Die Rechnung, die Europa zahlt

Die Kosten dieser langen Weigerung, Russlands Sicherheitsbedenken ernst zu nehmen, sind für Europa inzwischen unausweichlich und enorm: Energiekrise, Deindustrialisierung, langfristige Aufrüstung mit tiefgreifenden fiskalischen Folgen, geschwächter politischer Zusammenhalt, verlorene strategische Autonomie. Am gefährlichsten ist vielleicht, dass das nukleare Risiko wieder in den Mittelpunkt der europäischen Sicherheitsbetrachtungen gerückt ist.

Die über zwei Jahrhunderte mit Blut geschriebene Lehre lautet nicht, dass Russland in jeder Hinsicht vertrauenswürdig sein muss. Sie lautet, dass Russland und seine Sicherheitsinteressen ernst genommen werden müssen. Solange Europa diesen Reflex nicht aufgibt, wird es in einem Kreislauf selbstzerstörerischer Konfrontation gefangen bleiben – Frieden ablehnen, wenn er möglich ist, und die Kosten noch lange danach tragen.

Für den deutschen Bürger, der die Zeche dieser verfehlten Politik in Form von Inflation, Energiekosten und wirtschaftlichem Niedergang zahlt, stellt sich die Frage: Wie lange noch soll Europa einer Strategie folgen, die nachweislich seit zweihundert Jahren scheitert? Die Antwort darauf wird nicht in Washington oder Brüssel gefunden werden – sie muss von den europäischen Völkern selbst eingefordert werden.

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