
EU-Sanktionen gegen Schweizer Analysten: Ein Angriff auf die Meinungsfreiheit?
Die Europäische Union hat in dieser Woche einen bemerkenswerten Schritt unternommen, der fundamentale Fragen zur Meinungsfreiheit und Rechtsstaatlichkeit aufwirft. Der Schweizer Oberst a.D. Jacques Baud, ein ehemaliger Geheimdienstanalyst und UN-Experte für Rechtsstaatlichkeit, wurde auf die Sanktionsliste der EU gesetzt. Seine Bankkonten sind eingefroren, er darf keine Grenzen innerhalb der EU überschreiten und benötigt eine "humanitäre Ausnahmeregelung", um überhaupt Lebensmittel kaufen zu können.
Sanktionen ohne Vorwarnung und ohne Gerichtsverfahren
Die Entscheidung traf Baud nach eigenen Angaben völlig unvorbereitet. Bis zum heutigen Tag habe er weder von der EU noch von Belgien, wo er seinen Wohnsitz hat, oder von der Schweiz eine offizielle Mitteilung erhalten. Er erfuhr von den gegen ihn verhängten Maßnahmen wie alle anderen aus der Presse. Ein Vorgang, der in einem Rechtsstaat eigentlich undenkbar sein sollte.
Die konkreten Auswirkungen sind drastisch: Der Analyst darf Belgien nicht verlassen und kann somit nicht in sein Heimatland, die Schweiz, zurückkehren. Er darf nicht im europäischen Luftraum fliegen. Seine sämtlichen Vermögenswerte in der EU sind eingefroren, obwohl er nach eigener Aussage niemals finanzielle Beziehungen zu Russland unterhalten oder auch nur einen Cent aus Russland erhalten habe.
Die Vorwürfe: Propaganda und Verschwörungstheorien
Brüssel wirft dem ehemaligen Nachrichtendienstmitarbeiter vor, russische Propaganda zu verbreiten und Verschwörungstheorien über die Ukraine zu streuen. Baud weist diese Anschuldigungen entschieden zurück. Er habe in seiner Analysearbeit ausschließlich westliche oder ukrainische Quellen verwendet und Einladungen von russischen Medien wie Tass oder RT systematisch abgelehnt.
"Ich stelle fest, dass trotz dieser Bemühungen die Fakten, selbst wenn sie sorgfältig erklärt und so sachlich wie möglich beschrieben werden, als russische Propaganda interpretiert werden."
Die ihm vorgeworfenen "Verschwörungstheorien" seien nichts anderes als Zitate aus öffentlich zugänglichen Dokumenten, darunter Aussagen des ukrainischen Präsidentenberaters Oleksij Arestowytsch und ein Dekret von Präsident Selenskyj. Dokumente, die von westlichen Medien schlicht ignoriert würden.
Ein Schweizer Schiedsrichter im Kreuzfeuer
Bauds beruflicher Werdegang liest sich wie der eines klassischen Sicherheitsexperten: Während des Kalten Krieges analysierte er für den Schweizer Strategischen Nachrichtendienst die Streitkräfte des Warschauer Pakts. Später arbeitete er im Auftrag der Schweizer Regierung für die NATO und wurde in die Ukraine entsandt. Seine Expertise umfasst Konfliktanalyse und Mediation in Krisensituationen.
Er vergleicht seine Rolle mit der eines Schiedsrichters auf dem Fußballfeld. Dank seiner Russischkenntnisse könne er beide Seiten des Konflikts verstehen und sich ein ausgewogenes Bild machen. Die Kommentare zu seinen Videos würden dies bestätigen – Begriffe wie "ausgewogen" und "objektiv" kämen am häufigsten vor.
Rechtsstaatlichkeit auf dem Prüfstand
Was diese Sanktionierung besonders brisant macht, ist ihre rechtliche Grundlage – oder vielmehr deren Fehlen. Es handelt sich nicht um eine gerichtliche Entscheidung aufgrund einer begangenen Straftat. Die Tätigkeit als "Propagandist", die Baud vorgeworfen wird, ist durch kein Gesetz unter Strafe gestellt. Es ist eine rein politische Entscheidung des Rates der EU-Außenminister.
Baud zieht einen historischen Vergleich, der nachdenklich stimmen sollte: "Genau wie im 17. Jahrhundert, als der König entschied, dass man ein Feind sei: Man kann jemandem ohne Gerichtsverfahren, ohne ihm die Möglichkeit zu geben, sich zu verteidigen, die Freiheit entziehen."
Ein eklatanter Verstoß gegen die Gewaltenteilung
Der UN-Experte für Rechtsstaatlichkeit sieht in diesem Vorgehen einen fundamentalen Bruch mit den Prinzipien, die die EU zu verteidigen vorgibt. Zwar könne man sich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wenden, doch dessen Urteil habe formell keinen Einfluss auf die Sanktionsentscheidung der EU-Exekutive. Die Gewaltenteilung, ein Grundpfeiler des Rechtsstaats, werde hier ausgehebelt.
Die unbequeme Wahrheit über Europas "Werte"
Dieser Fall wirft ein grelles Licht auf den Zustand der europäischen Demokratie. Eine Union, die sich als Hüterin von Meinungsfreiheit und Rechtsstaatlichkeit inszeniert, sanktioniert einen Analysten, dessen einziges "Vergehen" darin besteht, öffentlich zugängliche Dokumente zu zitieren und eine differenzierte Sichtweise auf einen komplexen Konflikt zu präsentieren.
Man muss Bauds Analysen nicht teilen, um zu erkennen, dass hier etwas fundamental schiefläuft. Wenn abweichende Meinungen nicht mehr durch Argumente widerlegt, sondern durch administrative Maßnahmen zum Schweigen gebracht werden, dann hat Europa ein Problem, das weit über den Ukraine-Konflikt hinausreicht.
Die Ironie könnte kaum größer sein: Ausgerechnet im Namen der Bekämpfung von "Desinformation" werden Methoden angewandt, die an autoritäre Regime erinnern. Der sogenannte Streisand-Effekt, den Baud selbst anspricht, dürfte nun eintreten – die Dokumente und Analysen, die man unterdrücken wollte, werden nun von einem weitaus größeren Publikum wahrgenommen werden.
Für Baud bleibt vorerst nur der politische Weg: Petitionskampagnen und Unterschriftensammlungen. Ein Rechtsstaat, der seine Bürger zwingt, auf solche Mittel zurückzugreifen, weil der ordentliche Rechtsweg versperrt ist, hat seinen Namen nicht verdient.

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