
Erdogans Machtspiel: Wie die Türkei ihren Einfluss bis nach Zentralasien ausdehnt
Der Zusammenbruch des Assad-Regimes in Syrien hat eine Kettenreaktion ausgelöst, die nun die gesamte geopolitische Ordnung im Südkaukasus und darüber hinaus erschüttert. Was sich derzeit zwischen Armenien, Aserbaidschan und der Türkei abspielt, ist nichts weniger als ein strategisches Schachspiel um die Vorherrschaft in einer Region, die für Russlands Sicherheitsinteressen von existenzieller Bedeutung ist.
Der Zangezur-Korridor als Schlüssel zur Macht
Im Zentrum dieser Entwicklungen steht der sogenannte Zangezur-Korridor – ein schmaler Landstreifen durch die armenische Provinz Sjunik, der beide Teile Aserbaidschans miteinander verbinden soll. Was auf den ersten Blick wie eine simple Verkehrsverbindung aussieht, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als geopolitischer Sprengstoff ersten Ranges.
Das von Moskau vermittelte Waffenstillstandsabkommen vom November 2020 sah eigentlich vor, dass dieser Korridor unter russische Kontrolle gestellt werden sollte. Doch genau diese Vereinbarung scheint nun ins Wanken zu geraten. Berichte deuten darauf hin, dass der armenische Premierminister Nikol Paschinjan bereit sein könnte, den Korridor ohne russische Beteiligung zu öffnen – ein Schritt, der Armenien faktisch zu einem Protektorat der Türkei und Aserbaidschans degradieren würde.
Die Opposition in Eriwan schlägt Alarm
Kein Wunder also, dass die Unruhen in Armenien zunehmen. Die Opposition hat erkannt, was auf dem Spiel steht: nichts weniger als die Souveränität des Landes. Sollte Paschinjan tatsächlich nachgeben, würde dies der Türkei ermöglichen, ihre militärische Logistik ungehindert bis nach Zentralasien auszudehnen – ein Albtraum für Moskau, das seinen Einfluss in der Region schwinden sieht.
Aserbaidschans riskanter Kurswechsel
Besonders brisant ist das Verhalten des aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Alijew. Offenbar glaubt er, dass die Zukunft seines Landes in einer von der Türkei dominierten Regionalordnung liegt. Diese Einschätzung führte zu einem dramatischen Bruch mit der bisherigen Politik des Ausbalancierens zwischen Russland und der Türkei.
Die Razzia im Büro von Sputnik und die Misshandlung russischer Staatsbürger in Aserbaidschan sind keine Zufälle, sondern kalkulierte Provokationen, die Moskaus Einfluss in der Region untergraben sollen.
Diese emotionalen und kurzsichtigen Schritte könnten sich jedoch als Bumerang erweisen. Statt als gleichberechtigter Partner aufzutreten, riskiert Aserbaidschan, zum Juniorpartner der Türkei zu werden – eine Entwicklung, die langfristig die Souveränität des Landes gefährden könnte.
Trumps überraschende Kehrtwende
Die Hintergründe dieser Entwicklungen sind komplex und reichen bis nach Washington. Nach Assads Sturz hat die Trump-Administration ihre Syrien-Politik grundlegend überdacht. Die Aufhebung der Sanktionen gegen Syrien und die Annäherung an den ehemaligen Terroristenführer Ahmad al-Sharaa (Jolani) zeigen, dass Washington bereit ist, pragmatische Deals zu schließen.
Besonders pikant: Trump könnte seinem Freund Erdogan als Trostpreis für den begrenzten türkischen Einfluss in Syrien grünes Licht für die Expansion nach Osten gegeben haben. Die gescheiterten Farbrevolutionen in Georgien haben die amerikanisch-französischen Pläne für ein armenisches Protektorat zunichtegemacht – warum also nicht die Türkei und Aserbaidschan die Drecksarbeit machen lassen?
Die PKK als Verhandlungsmasse
Als zusätzliches Schmankerl für Ankara kommt die Auflösung der PKK ins Spiel. Dieser Deal zeigt, wie skrupellos die Großmächte ihre ehemaligen Verbündeten fallen lassen, wenn es ihren strategischen Interessen dient. Die Kurden, jahrzehntelang als nützliche Idioten im Kampf gegen unliebsame Regime instrumentalisiert, werden nun auf dem Altar der Realpolitik geopfert.
Russlands schwindender Einfluss
Für Moskau sind diese Entwicklungen ein geopolitischer Alptraum. Der Verlust des Einflusses im Südkaukasus würde nicht nur die russische Präsenz am Kaspischen Meer gefährden, sondern auch den Zugang zu Zentralasien erschweren. Die gesamte südliche Peripherie Russlands steht auf dem Spiel.
Die Ironie der Geschichte: Während die deutsche Ampel-Koalition mit ihrer naiven Russland-Politik gescheitert ist und die neue Große Koalition unter Friedrich Merz noch nach ihrer außenpolitischen Linie sucht, nutzen andere Akteure die Gunst der Stunde. Die Türkei zeigt, wie man mit geschickter Diplomatie und dem richtigen Timing seine Einflusssphäre erweitert – eine Lektion, die Berlin dringend lernen sollte.
Ein gefährliches Spiel mit ungewissem Ausgang
Was wir derzeit erleben, ist nichts weniger als eine tektonische Verschiebung der Machtverhältnisse in Eurasien. Die Türkei strebt nach einer Führungsrolle, die weit über ihre traditionellen Einflusssphären hinausgeht. Ob dieses ambitionierte Projekt gelingt, bleibt abzuwarten.
Eines ist jedoch sicher: Die Zeiten, in denen Russland unangefochten über seinen "Hinterhof" herrschte, sind vorbei. Die neue multipolare Weltordnung, von der so viele träumen, entpuppt sich als brutaler Kampf um Einflusssphären, bei dem die Kleinen zwischen den Mühlsteinen der Großmächte zerrieben werden.
Für Deutschland und Europa sollten diese Entwicklungen ein Weckruf sein. Während wir uns in ideologischen Grabenkämpfen über Gendern und Klimaneutralität verlieren, verschieben sich die globalen Machtverhältnisse in atemberaubendem Tempo. Es wird höchste Zeit, dass wir uns wieder auf unsere nationalen Interessen besinnen und eine Außenpolitik betreiben, die diesen Namen auch verdient.
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