
Die letzte KZ-Sekretärin: Irmgard F. stirbt mit 99 Jahren - Ein dunkles Kapitel deutscher Geschichte endet
Ein weiteres Kapitel der deutschen NS-Vergangenheit schließt sich endgültig: Die ehemalige KZ-Sekretärin Irmgard F. ist im Alter von 99 Jahren verstorben. Ihr Tod am 14. Januar 2024 wurde erst jetzt durch die Staatsanwaltschaft Itzehoe bestätigt. Bis zuletzt stand sie als Symbol für die späte juristische Aufarbeitung der NS-Verbrechen.
Vom Schreibtisch zur Anklagebank - Eine bemerkenswerte Prozessgeschichte
Der Fall Irmgard F. erregte bundesweit Aufsehen, als die damals 96-Jährige sich 2021 ihrer Verantwortung durch Flucht zu entziehen versuchte. Ein beispielloser Vorgang, der die Absurdität der späten Prozesse gegen hochbetagte NS-Täter deutlich machte. Nach fünf Tagen Untersuchungshaft musste sie sich schließlich doch vor dem Landgericht Itzehoe verantworten.
Die Stenotypistin im Räderwerk des Terrors
Als junge Frau von gerade einmal 18 Jahren begann Irmgard F. ihre Tätigkeit im KZ Stutthof bei Danzig. Von 1943 bis 1945 war sie als Stenotypistin in der Kommandantur tätig und wurde zur engen Vertrauten des Lagerkommandanten Paul Werner Hoppe. Nahezu die gesamte Korrespondenz des Vernichtungslagers ging über ihren Schreibtisch - ein bürokratischer Beitrag zum systematischen Massenmord.
Späte, aber konsequente Justiz
Das Landgericht Itzehoe verurteilte F. im Dezember 2022 wegen Beihilfe zum Mord in über 10.500 Fällen zu einer zweijährigen Jugendstrafe auf Bewährung. Der Bundesgerichtshof bestätigte dieses Urteil im August 2023. Die Richter stellten unmissverständlich fest: Auch Schreibtischarbeit kann Beihilfe zum Massenmord sein.
Das Grauen von Stutthof
Die Dimensionen des Schreckens im KZ Stutthof sind erschütternd: Etwa 110.000 Menschen aus 28 Nationen wurden dort zwischen 1939 und 1945 inhaftiert. Fast 65.000 von ihnen überlebten die unmenschlichen Bedingungen nicht. Von ihrem Arbeitsplatz aus konnte Irmgard F. den Schornstein des Krematoriums sehen - ein stummer Zeuge des industrialisierten Massenmordes.
Ein mahnendes Vermächtnis
Der Fall Irmgard F. zeigt eindrücklich, dass es bei der Aufarbeitung der NS-Verbrechen keine Verjährung geben darf. Auch wenn die Prozesse gegen hochbetagte Täter manchmal wie ein Anachronismus erscheinen mögen - sie sind notwendig für unsere Erinnerungskultur und setzen ein wichtiges Signal: Verbrechen gegen die Menschlichkeit werden geahndet - unabhängig vom Alter der Täter und ihrer Rolle im System.
Mit dem Tod von Irmgard F. verstummt eine der letzten Stimmen jener Generation, die aktiv am NS-Terror mitwirkte. Ihre Geschichte mahnt uns, dass auch scheinbar harmlose Verwaltungsarbeit Teil eines mörderischen Systems sein kann. Eine Erkenntnis, die gerade in Zeiten zunehmender autoritärer Tendenzen weltweit nicht in Vergessenheit geraten darf.
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