
Trump-Regierung kippt umstrittene "Rache-Steuer" – Wall Street atmet auf
Die Finanzmärkte reagierten heute Morgen mit spürbarer Erleichterung auf die überraschende Kehrtwende der Trump-Administration. Die kontroverse "Section 899", auch als "Rache-Steuer" bekannt, wird nun doch nicht Teil des groß angekündigten Gesetzespakets werden. Diese Entscheidung dürfte nicht nur an der Wall Street für Aufatmen sorgen, sondern wirft auch ein bezeichnendes Licht auf die Machtverhältnisse zwischen Politik und Hochfinanz.
Bessents diplomatischer Schachzug
Finanzminister Scott Bessent verkündete die Entscheidung über die Plattform X und sprach von "produktiven Gesprächen" mit internationalen Handelspartnern. Man habe die amerikanischen Interessen verteidigt, so Bessent. Doch zwischen den Zeilen lässt sich eine andere Geschichte lesen: Der massive Druck der Finanzindustrie und die Sorge vor internationalen Verwerfungen haben offenbar ihre Wirkung nicht verfehlt.
Die ursprünglich geplante Steuer sollte ausländische Länder bestrafen, die amerikanische Unternehmen durch digitale Dienstleistungssteuern diskriminieren. Hauptziele waren mehrere europäische Staaten sowie Kanada und Australien. Trump hatte diese Maßnahme als Teil seiner wirtschaftsnationalistischen Agenda vorangetrieben – ein Ansatz, der durchaus nachvollziehbar erscheint, wenn man bedenkt, wie amerikanische Tech-Giganten in Europa zur Kasse gebeten werden.
Die wahren Gewinner stehen fest
Bessent betonte in seiner Erklärung, dass die Verständigung mit den G7-Partnern "größere Sicherheit und Stabilität für die Weltwirtschaft" bringe. Man habe die "unklugen Verpflichtungen der Biden-Administration" rückgängig gemacht und schütze nun die amerikanische Steuerhoheit. Nach Schätzungen des Finanzministeriums und des überparteilichen Joint Committee on Taxation würden über 100 Milliarden Dollar an Steuergeldern gesichert.
"Die Trump-Administration bleibt wachsam gegenüber allen diskriminierenden und extraterritorialen ausländischen Steuern, die gegen Amerikaner erhoben werden. Wir werden unsere Steuersouveränität verteidigen und Bemühungen widerstehen, ein ungleiches Spielfeld für unsere Bürger und Unternehmen zu schaffen."
Kurz nach Bessents Ankündigung bestätigten der Vorsitzende des Finanzausschusses Mike Crapo und der Vorsitzende des Ways and Means Committee Jason Smith, dass Section 899 aus dem Gesetzespaket entfernt werde. Die Geschwindigkeit und Koordination dieser Entscheidung lässt vermuten, dass hier bereits im Vorfeld intensive Abstimmungen stattgefunden haben.
Wall Street jubelt – doch zu welchem Preis?
Die Reaktionen der Finanzanalysten sprechen Bände. Gennadiy Goldberg von TD Securities bezeichnete die Entscheidung als "Seufzer der Erleichterung" für Investoren. Jim Reid von der Deutschen Bank merkte an, dass angesichts des enormen E-Mail-Verkehrs zu diesem Thema in seinem Posteingang klar sei, dass globale Investoren erleichtert aufatmen würden.
Jan Hatzius von Goldman Sachs lieferte eine detaillierte Analyse der Situation und wies darauf hin, dass der Senat das Fiskalpaket wahrscheinlich bis zum Wochenende verabschieden werde, obwohl mehrere ungelöste Fragen die Verabschiedung bis Anfang Juli verzögern könnten.
Die versteckte Botschaft
Was diese Episode besonders deutlich macht, ist die enorme Macht der Finanzindustrie über die amerikanische Politik. Während Trump mit seiner "America First"-Rhetorik angetreten war, um genau solche Einflüsse zurückzudrängen, zeigt sich hier einmal mehr, wer wirklich die Fäden zieht. Die Geschwindigkeit, mit der die "Rache-Steuer" gekippt wurde, nachdem die Wall Street Alarm geschlagen hatte, ist bemerkenswert.
Interessant ist auch, dass trotz der Rücknahme von Section 899 der Präsident weiterhin über Befugnisse unter Section 891 verfügt, um Steuern auf ausländische Personen und Unternehmen als Reaktion auf diskriminierende Steuern zu verdoppeln. Diese Option bleibt als Drohkulisse bestehen, dürfte aber angesichts der angekündigten Vereinbarung vorerst nicht zum Einsatz kommen.
Ein Pyrrhussieg für die Märkte?
Die Entfernung von Section 899 wird die geschätzten Kosten des Gesetzespakets erhöhen, auch wenn das internationale Steuerabkommen einen Teil davon ausgleichen könnte. US-Multinationals würden dann einen größeren Anteil ihrer Steuerschulden an die USA und einen kleineren Anteil an andere Länder zahlen.
Doch die eigentliche Frage bleibt: Ist es wirklich im Interesse der amerikanischen Bürger, wenn die Wall Street derart massiven Einfluss auf die Steuerpolitik nehmen kann? Während die Finanzmärkte jubeln, sollten wir nicht vergessen, dass hier eine Chance vertan wurde, ausländische Diskriminierung amerikanischer Unternehmen wirksam zu bekämpfen.
Die Trump-Administration mag diese Entscheidung als diplomatischen Erfolg verkaufen, doch in Wahrheit offenbart sie die anhaltende Dominanz der Finanzindustrie über die Politik. Für normale Bürger, die sich eine fairere Besteuerung multinationaler Konzerne wünschen, ist dies kaum ein Grund zum Feiern. Einmal mehr zeigt sich: Wenn es hart auf hart kommt, gewinnt an der Wall Street meist das große Geld – egal wer im Weißen Haus sitzt.