
SPD-Revolte: Jusos fordern Blockade der Bürgergeld-Verschärfung – Partei vor Zerreißprobe
Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands steht vor einer handfesten Zerreißprobe. Die eigene Jugendorganisation läuft Sturm gegen die von der Großen Koalition beschlossene Bürgergeld-Reform und ruft offen zur Rebellion auf. Was sich hier abspielt, ist nichts weniger als ein Aufstand der jungen Genossen gegen die eigene Parteiführung – und ein weiteres Symptom für die tiefe Krise der deutschen Sozialdemokratie.
Der Verrat am eigenen Erbe
Juso-Chef Philipp Türmer findet deutliche Worte für das, was viele in der SPD-Basis denken dürften: Die Partei verrät ihre eigenen Prinzipien. "Diese Einigung wiederholt Fehler der Vergangenheit", poltert er gegen die Parteispitze. Man habe sich bewusst von Hartz IV verabschiedet, nur um jetzt "eine Rolle rückwärts" zu machen. Der Schmerz sitzt tief bei den Jusos – und das zu Recht.
Was die SPD-Führung unter Lars Klingbeil hier abliefert, ist ein politisches Trauerspiel erster Güte. Kaum in der Regierungsverantwortung mit der Union, knickt man bei der ersten Gelegenheit ein und opfert das eigene Prestigeprojekt auf dem Altar der Koalitionsräson. Die Sozialdemokraten beweisen einmal mehr, dass sie lieber an der Macht kleben, als für ihre Überzeugungen einzustehen.
Verfassungswidrige Härte gegen die Schwächsten
Besonders brisant: Die geplanten Verschärfungen könnten gegen das Grundgesetz verstoßen. Türmer warnt vor einer "Klatsche vor dem Verfassungsgericht" – und er dürfte recht behalten. Das Bundesverfassungsgericht hatte bereits 2019 klargestellt, dass die Menschenwürde nicht verhandelbar sei und Sanktionen von mehr als 30 Prozent des Regelbedarfs verfassungswidrig seien.
Doch was kümmert das eine Koalition, die offenbar mehr Wert auf populistische Signale legt als auf rechtsstaatliche Prinzipien? Die geplante Totalstreichung aller Bezüge bei wiederholten Terminversäumnissen ist nicht nur sozial kalt, sondern juristisch höchst fragwürdig. Hier zeigt sich die wahre Fratze einer Politik, die lieber nach unten tritt, als die wirklichen Probleme anzugehen.
Bayern prescht vor: Offene Rebellion gegen die Parteiführung
Besonders scharf schießt Benedict Lang, Chef der bayerischen Jusos. Er nennt die Pläne eine "Farce" und wirft der SPD-Führung vor, sich von Kampagnen treiben zu lassen. Seine rhetorische Frage trifft ins Mark: "Man muss sich fragen, ob die SPD-Führung noch was spürt." Ein vernichtenderes Urteil über die eigene Parteiführung ist kaum vorstellbar.
Lang bringt auf den Punkt, was viele denken: Während man die kleinen Leute drangsaliert, bleiben die wahren Probleme ungelöst. Steuerhinterziehung in Milliardenhöhe? Kein Thema. Explodierende Vermögensungleichheit? Wird ignoriert. Stattdessen knüppelt man auf diejenigen ein, die ohnehin schon am Boden liegen.
Der Drehtür-Effekt: Sinnlose Beschäftigungstherapie statt echter Hilfe
Die Wiedereinführung des Vermittlungsvorrangs ist ein Paradebeispiel für politischen Aktionismus ohne Sinn und Verstand. Menschen werden in Jobs gepresst, die nicht zu ihnen passen, nur um sie wenige Wochen später wieder in der Arbeitslosigkeit zu sehen. Dieser "Drehtür-Effekt", vor dem Türmer warnt, nutzt niemandem – weder den Betroffenen noch den Arbeitgebern.
Was hier als Reform verkauft wird, ist in Wahrheit ein Rückschritt in die dunkelsten Zeiten der Agenda 2010. Die SPD, die sich mühsam vom "Trauma Hartz IV" erholt hatte, reißt alte Wunden wieder auf. Und wofür? Um der Union zu gefallen und sich als "harter Hund" zu präsentieren?
Die Karenzzeit fällt: Existenzvernichtung per Gesetz
Besonders perfide: Auch die Karenzzeit beim Schonvermögen soll wegfallen. Menschen, die unverschuldet in Not geraten, müssen künftig sofort ihr Erspartes aufbrauchen. Die Botschaft ist klar: Vorsorge lohnt sich nicht, der Staat bestraft die Vorsichtigen. Dass sogar die Kosten für die Unterkunft gestrichen werden können, ist der Gipfel der Unmenschlichkeit. Hier wird Obdachlosigkeit billigend in Kauf genommen.
Der Aufstand formiert sich
Die Jusos rufen nicht nur zur parlamentarischen Blockade auf, sondern kündigen auch Demonstrationen an. "Ich rechne damit, dass die Jusos sich auch deutlich an Protesten beteiligen werden", sagt Lang. Die Botschaft an die SPD-Abgeordneten ist unmissverständlich: Wer diesem Gesetz zustimmt, verrät die sozialdemokratischen Grundwerte.
Es bleibt abzuwarten, ob die SPD-Fraktion den Mut aufbringt, gegen die eigene Regierung zu stimmen. Die Geschichte lehrt uns: Meist siegt die Fraktionsdisziplin über das Gewissen. Doch der Preis könnte hoch sein. Eine SPD, die ihre eigene Jugend gegen sich aufbringt, hat keine Zukunft.
"Alle sozialdemokratischen Abgeordneten sind jetzt aufgefordert, sich dem im Gesetzgebungsverfahren entgegenzustellen" - Benedict Lang
Die Große Koalition mag sich über ihre Einigung freuen. Doch was hier als Erfolg verkauft wird, ist in Wahrheit ein Armutszeugnis für die deutsche Politik. Statt die wirklichen Probleme anzugehen – explodierende Mieten, stagnierende Löhne, wachsende Ungleichheit – vergreift man sich an den Schwächsten der Gesellschaft.
Die SPD steht vor einer Richtungsentscheidung: Will sie weiter als Steigbügelhalter einer Politik fungieren, die ihre eigenen Wähler verrät? Oder findet sie zurück zu ihren sozialdemokratischen Wurzeln? Die Jusos haben ihre Antwort gegeben. Nun liegt es an den Abgeordneten, Farbe zu bekennen.
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