
Rentenbetrug mit gefälschtem Pass: Wenn aus 1960 plötzlich 1946 wird
Ein dreister Versuch, das deutsche Rentensystem auszutricksen, endete vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg mit einer herben Niederlage. Eine Frau wollte sich durch die Vorlage eines neuen Passes mit einem um 14 Jahre früheren Geburtsjahr vorzeitig in die Rente mogeln. Doch die Richter durchschauten das durchsichtige Manöver und stellten klar: So einfach lässt sich der deutsche Sozialstaat nicht hinters Licht führen.
Ein Pass, zwei Identitäten – und 14 Jahre Unterschied
Die Geschichte klingt wie aus einem schlechten Krimi: Eine Frau, die Anfang der 1980er Jahre mit einem libanesischen Pass nach Deutschland einreiste, behauptete plötzlich nach über 30 Jahren, sie sei eigentlich ganz anders und vor allem deutlich älter. Statt 1960 in Beirut geboren zu sein, wie es ihr ursprünglicher Pass auswies, präsentierte sie 2014 einen frisch ausgestellten türkischen Pass. Dieser wies sie als 1946 in der Türkei geboren aus – ein praktischer Alterssprung von 14 Jahren, der ihr den sofortigen Renteneintritt ermöglichen sollte.
Das Timing könnte kaum verdächtiger sein: Ausgerechnet als das Rentenalter in greifbare Nähe rückte, erinnerte sich die Dame plötzlich an ihre "wahre" Identität. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Die Beweislage: Löchrig wie ein Schweizer Käse
Das Gericht nahm die vorgelegten Dokumente genauer unter die Lupe und stieß dabei auf erstaunliche Ungereimtheiten. Der angebliche Geburtseintrag von 1946 wurde erst Ende 1962 in der Türkei registriert – mit fast 17 Jahren Verspätung. Zwar sei dies in ländlichen Gebieten der Türkei durchaus vorgekommen, räumte das Gericht ein. Doch die Klägerin war bei diesem nachträglichen Eintrag nicht einmal persönlich anwesend gewesen. Wie praktisch, dass so niemand die offensichtliche Altersdiskrepanz bemerken konnte.
"Die später vorgelegten türkischen Urkunden sind nicht besser geeignet als der libanesische Pass, die Richtigkeit des Geburtsdatums zu belegen", stellte das Gericht unmissverständlich fest.
Mathematik entlarvt den Schwindel
Besonders pikant wird die Geschichte, wenn man sich die Familienverhältnisse genauer ansieht. Nach den neuen Angaben hätte die Frau 1977 im zarten Alter von 31 Jahren einen damals 14-jährigen Jungen geheiratet. Ihre sechs Kinder hätte sie dann zwischen 35 und 45 Jahren zur Welt gebracht – theoretisch möglich, aber doch reichlich unwahrscheinlich für die damalige Zeit.
Die Richter ließen sogar einen Fingerabdruckvergleich durchführen, um sicherzustellen, dass es sich tatsächlich um dieselbe Person handelte. Das Ergebnis: Ja, es ist dieselbe Frau – nur eben nicht mit dem behaupteten Geburtsjahr.
Ein Symptom eines größeren Problems
Dieser Fall wirft ein grelles Schlaglicht auf die Herausforderungen, vor denen unser Sozialsystem steht. Während hart arbeitende Deutsche bis 67 oder sogar länger schuften müssen, versuchen manche mit gefälschten oder nachträglich "korrigierten" Dokumenten, sich Vorteile zu erschleichen. Es ist ein Schlag ins Gesicht all jener, die jahrzehntelang ehrlich in die Rentenkasse eingezahlt haben.
Die Entscheidung des Landessozialgerichts sendet ein wichtiges Signal: Der deutsche Rechtsstaat lässt sich nicht so einfach austricksen. Nachträgliche Änderungen von Geburtsdaten seien nur unter "engen Voraussetzungen" möglich, betonten die Richter. Diese Voraussetzungen waren hier eindeutig nicht erfüllt.
Die Rechnung ohne den Wirt gemacht
Bemerkenswert ist auch, dass die Klägerin in erster Instanz vor dem Sozialgericht Berlin tatsächlich gewonnen hatte. Erst das Landessozialgericht durchschaute den Schwindel und kassierte das Urteil. Dies zeigt, wie wichtig funktionierende Kontrollmechanismen in unserem Rechtssystem sind.
Die Frau kann zwar noch vor das Bundessozialgericht ziehen, doch die Erfolgsaussichten dürften nach diesem vernichtenden Urteil gegen Null tendieren. Die Botschaft ist klar: Wer meint, mit gefälschten Papieren das deutsche Rentensystem plündern zu können, wird eines Besseren belehrt.
In Zeiten, in denen die Rentenkassen ohnehin unter enormem Druck stehen und die arbeitende Bevölkerung immer höhere Beiträge schultern muss, ist es umso wichtiger, dass solche Betrugsversuche konsequent unterbunden werden. Jeder Euro, der zu Unrecht ausgezahlt wird, fehlt denjenigen, die ihn wirklich verdient haben.
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