
Merz rudert zurück: Nach Proteststurm präzisiert der Kanzler seine umstrittene "Stadtbild"-Aussage
Was für ein politisches Schauspiel! Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sah sich gezwungen, in London eine nachträgliche Erklärung zu seinen höchst umstrittenen Äußerungen über "Probleme im Stadtbild" abzugeben. Der Kanzler, der offenbar erst nach massivem öffentlichen Druck begriffen hat, welchen Sturm der Entrüstung er entfacht hatte, versuchte nun zu präzisieren, wen er denn eigentlich gemeint habe.
Die späte Klarstellung: Migranten ohne Aufenthaltsrecht im Visier
Am Rande des Westbalkan-Gipfels in der britischen Hauptstadt benannte Merz erstmals konkret, wer ihm im öffentlichen Bild deutscher Städte ein Dorn im Auge sei: Migranten ohne dauerhaftes Aufenthaltsrecht und ohne Arbeit, die sich nicht an die in Deutschland geltenden Regeln halten würden. Diese Personen würden laut Merz das öffentliche Bild in den Städten teilweise bestimmen - an Bahnhöfen, in U-Bahnen, in bestimmten Parkanlagen oder ganzen Stadtteilen, "die auch unserer Polizei große Probleme machen."
Gleichzeitig betonte der Kanzler, dass Deutschland auch in Zukunft Einwanderung brauche, insbesondere für den Arbeitsmarkt. Menschen mit Migrationshintergrund seien bereits heute "unverzichtbarer Bestandteil unseres Arbeitsmarktes", auf die man "eben gar nicht mehr verzichten" könne.
Der Auslöser: "Fragen Sie mal ihre Töchter"
Die Kontroverse hatte ihren Ursprung in Merz' nebulöser Behauptung, es gebe "im Stadtbild noch dieses Problem". Als er später auf einer Pressekonferenz gefragt wurde, wie er diese Aussage denn gemeint habe, antwortete er lapidar: "Fragen Sie mal ihre Töchter". Diese Antwort goss zusätzlich Öl ins Feuer und löste eine Welle der Empörung aus.
"Wir sind die Töchter und lassen uns von Ihrem Rassismus nicht einspannen, Herr Merz! Sie sprechen nicht für uns."
So formulierte es Cesy Leonard, Initiatorin einer gleichnamigen Petition, die binnen 24 Stunden mehr als 120.000 Unterschriften sammelte. Leonard wies darauf hin, dass Deutschland ein strukturelles Problem mit Gewalt gegen Frauen habe, und das in nahezu allen Fällen im eigenen Zuhause. Die Täter seien nicht irgendwelche Menschen im "Stadtbild", sondern Ehemänner, Väter oder (Ex-)Partner.
Massenproteste vor der CDU-Zentrale
Am Dienstagabend versammelten sich mehrere Tausend Menschen vor der CDU-Parteizentrale in Berlin, um unter dem Motto "Wir sind die Töchter" zu demonstrieren. Auch in anderen Städten fanden Kundgebungen statt. Die Protestierenden warfen Merz vor, mit seinen Äußerungen rassistische Ressentiments zu schüren und von den tatsächlichen Problemen abzulenken.
Koalitionspartner SPD auf Distanz
Selbst der Koalitionspartner SPD distanzierte sich deutlich von Merz' Äußerungen. Vizekanzler und SPD-Co-Parteichef Lars Klingbeil mahnte auf dem Gewerkschaftskongress der IG BCE: "Wir müssen als Politik auch höllisch aufpassen, welche Diskussion wir anstoßen, wenn wir auf einmal wieder in ein 'Wir' und 'Die' unterteilen." Er wolle in einem Land leben, "bei dem nicht das Aussehen darüber entscheidet, ob man ins Stadtbild passt oder nicht."
Rückendeckung aus den eigenen Reihen
Während der ehemalige Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet die Aussagen des Kanzlers als zu "nebulös" kritisierte, erhielt Merz Unterstützung von Unionsfraktionschef Jens Spahn. Dieser meinte, der Bundeskanzler habe "doch eigentlich etwas ausgesprochen, was jeder sieht, wenn er durch Duisburg geht". Auch der bayerische Ministerpräsident Markus Söder sprang Merz zur Seite und sprach von einer "linken Kampagne", die mit Wortklauberei von der Realität ablenken wolle.
Die Tatsache, dass Merz erst nach tagelanger Kritik und massiven Protesten seine Aussage präzisierte, wirft kein gutes Licht auf seine Kommunikationsstrategie. Es bleibt der Eindruck, dass der Kanzler bewusst mit vagen Andeutungen operierte, um bestimmte Ressentiments zu bedienen, ohne sich konkret festlegen zu müssen. Erst der öffentliche Druck zwang ihn zur Klarstellung - ein Armutszeugnis für einen Bundeskanzler, der eigentlich für klare Worte und Führungsstärke stehen sollte.

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