
Fed lockert Kapitalvorschriften: Ein gefährliches Spiel mit dem Feuer?
Die amerikanische Notenbank hat wieder einmal bewiesen, dass sie aus vergangenen Krisen nichts gelernt hat. Mit einer knappen Mehrheit von 5:2 stimmten die Fed-Gouverneure für eine Aufweichung der Kapitalanforderungen für Großbanken – ein Schritt, der angeblich die Liquidität am Anleihemarkt verbessern soll, in Wahrheit aber die Stabilität des gesamten Finanzsystems gefährdet.
Das Ende der Lehren aus 2008?
Die sogenannte "enhanced supplementary leverage ratio" (eSLR) war eine der wichtigsten Schutzmaßnahmen, die nach der Finanzkrise 2008 eingeführt wurden. Sie zwang systemrelevante Banken dazu, für alle ihre Vermögenswerte Kapital vorzuhalten – unabhängig vom Risiko. Diese Regel sollte verhindern, dass Banken wieder zu stark gehebelt werden und im Krisenfall zusammenbrechen.
Nun argumentiert Fed-Chef Jerome Powell, die Regel sei "überkalibriert" und würde Banken davon abhalten, sichere Anlagen wie US-Staatsanleihen zu halten. Ein merkwürdiges Argument, wenn man bedenkt, dass genau diese "sicheren" Staatsanleihen in den letzten Jahren massive Verluste verzeichneten, als die Zinsen stiegen.
Die wahren Zahlen hinter der Reform
Was die Fed als moderate Anpassung verkauft, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als massiver Einschnitt in die Sicherheitspuffer der Banken. Die Gesamtkapitalanforderungen für Amerikas größte Banken würden um 1,4 Prozent sinken – das klingt harmlos. Doch auf Ebene der Banktöchter beträgt die Reduktion satte 27 Prozent. In absoluten Zahlen bedeutet dies:
210 Milliarden Dollar weniger Kapital auf Holdinggesellschaftsebene, 280 Milliarden Dollar weniger bei Banktöchtern und insgesamt 73 Milliarden Dollar weniger an verlustabsorbierender Kapazität. Das sind keine Peanuts, sondern gewaltige Summen, die im Ernstfall fehlen würden.
Die Kritiker werden mundtot gemacht
Besonders bemerkenswert ist, dass die beiden Gegenstimmen von Michael Barr und Adriana Kugler kamen – zwei Gouverneure, die offenbar noch verstehen, was auf dem Spiel steht. Barr warnte eindringlich, dass diese Änderungen das Risiko eines Bankenzusammenbruchs erheblich erhöhen würden. Seine Befürchtung: Im Krisenfall wäre eine geordnete Abwicklung nicht mehr möglich, und der Einlagensicherungsfonds müsste höhere Verluste verkraften.
Kugler wies darauf hin, dass nicht Banken, sondern Broker-Dealer die eigentlichen Akteure im Staatsanleihenmarkt seien. Die Argumentation der Fed-Mehrheit, man müsse den Banken helfen, mehr Staatsanleihen zu halten, geht also völlig an der Realität vorbei.
Ein Déjà-vu der Deregulierung
Die Geschichte lehrt uns, dass Finanzkrisen immer dann entstehen, wenn Regulierungen gelockert werden und die Gier die Oberhand gewinnt. Die aktuelle Entwicklung erinnert fatal an die Jahre vor 2008, als man glaubte, die Märkte würden sich selbst regulieren und Risiken seien durch komplexe Finanzinstrumente beherrschbar geworden.
Was die Fed als "proaktive Maßnahme" zur Vermeidung unbeabsichtigter Konsequenzen verkauft, könnte sich als Türöffner für die nächste Finanzkrise erweisen. Denn wenn Banken weniger Eigenkapital vorhalten müssen, haben sie mehr Spielraum für riskante Geschäfte – und genau das war schon immer das Rezept für Desaster.
Die wahren Gewinner dieser Reform
Cui bono? Wem nützt es? Die Antwort liegt auf der Hand: Den Großbanken und ihren Aktionären. Mit weniger gebundenem Kapital können höhere Dividenden ausgeschüttet und riskantere, aber profitablere Geschäfte getätigt werden. Die Zeche zahlen am Ende wieder einmal die Steuerzahler, wenn das System in der nächsten Krise gerettet werden muss.
Es ist kein Zufall, dass diese Lockerung gerade jetzt kommt, wo die Staatsschulden explodieren und die Regierungen dringend Abnehmer für ihre Anleihen brauchen. Die Fed macht die Banken zu willigen Helfern der Schuldenpolitik – auf Kosten der Finanzstabilität.
Gold als Rettungsanker
In Zeiten, in denen die Notenbanken die Lehren der Vergangenheit über Bord werfen und das Finanzsystem wieder anfälliger machen, gewinnen physische Edelmetalle wie Gold und Silber an Bedeutung. Sie sind die einzigen Vermögenswerte, die kein Gegenparteirisiko haben und nicht von der Willkür der Zentralbanken abhängen.
Während die Fed die Banken ermutigt, mehr Staatsanleihen zu halten – Papiere, deren Wert von der Zahlungsfähigkeit hochverschuldeter Staaten abhängt –, bieten Edelmetalle echten Schutz vor Systemrisiken. Sie haben Jahrtausende überdauert und werden auch die nächste Finanzkrise überstehen.
Die Entscheidung der Fed mag kurzfristig die Märkte beruhigen, langfristig erhöht sie jedoch die Fragilität des gesamten Systems. Anleger sollten diese Warnsignale ernst nehmen und ihr Vermögen entsprechend absichern.