
EU-Bürokratie auf dem Rückzug? Das Lieferkettengesetz wird zum zahnlosen Tiger
Die EU-Mitgliedstaaten haben sich am Montagabend in Brüssel darauf geeinigt, das viel diskutierte Lieferkettengesetz deutlich zu entschärfen. Was ursprünglich als ambitioniertes Vorhaben zur Durchsetzung von Menschenrechten und Umweltstandards in globalen Lieferketten gedacht war, droht nun zu einer weiteren bürokratischen Luftnummer zu verkommen.
Drastische Anhebung der Schwellenwerte
Die geplanten Änderungen lesen sich wie ein Wunschzettel der Wirtschaftslobby: Statt wie bisher vorgesehen Unternehmen ab 1.000 Beschäftigten und 450 Millionen Euro Jahresumsatz in die Pflicht zu nehmen, sollen die Regeln künftig erst ab 5.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von mindestens 1,5 Milliarden Euro greifen. Nach Schätzungen der EU-Kommission würden damit sage und schreibe 80 Prozent der ursprünglich betroffenen Unternehmen aus der Regelung herausfallen.
Man fragt sich unweigerlich: Was bleibt von einem Gesetz übrig, das nur noch für eine Handvoll Großkonzerne gilt? Die Initiative Lieferkettengesetz bringt es auf den Punkt, wenn ihre Koordinatorin Heike Drillisch das Vorgehen als "schlicht zynisch" bezeichnet. Die vorgeschlagenen Änderungen würden "den Kern der Sorgfaltspflichten aushebeln".
Weitere Verwässerungen in Sicht
Doch damit nicht genug der Zugeständnisse an die Wirtschaft. Die EU-Länder wollen die Sorgfaltspflichten auf direkte Zulieferer beschränken - ein Schlag ins Gesicht all jener, die auf eine umfassende Kontrolle der gesamten Lieferkette gehofft hatten. Auch die ursprünglich vorgesehene EU-weite zivilrechtliche Haftung soll gestrichen werden. Klagen gegen Unternehmen wegen Verstößen würden damit erheblich erschwert.
Besonders pikant: Sowohl Bundeskanzler Friedrich Merz als auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatten sich in den vergangenen Wochen sogar für eine komplette Abschaffung des Lieferkettengesetzes ausgesprochen. Dass dies innerhalb der schwarz-roten Koalition für Spannungen sorgte, verwundert kaum. Entwicklungsministerin Reem Alabali-Radovan und Finanzminister Lars Klingbeil widersprachen ihrem Kanzler öffentlich - ein weiteres Zeichen dafür, wie zerstritten die neue Große Koalition in wichtigen Fragen agiert.
Der Preis der Wettbewerbsfähigkeit
Die Befürworter der Lockerungen argumentieren mit der internationalen Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen. In Zeiten globaler Handelskonflikte und protektionistischer Tendenzen - man denke nur an Trumps massive Zollerhöhungen - sei es wichtig, die heimische Wirtschaft nicht mit zusätzlichen Bürden zu belasten.
Doch zu welchem Preis erkaufen wir uns diese vermeintliche Wettbewerbsfähigkeit? Wenn europäische Unternehmen weiterhin von Kinderarbeit und Umweltzerstörung in ihren Lieferketten profitieren können, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden, verliert Europa seine moralische Glaubwürdigkeit.
Ein Armutszeugnis für die EU
Die geplanten Änderungen sind ein Armutszeugnis für die Europäische Union, die sich gerne als Vorreiterin in Sachen Menschenrechte und Umweltschutz präsentiert. Statt mit gutem Beispiel voranzugehen und globale Standards zu setzen, knickt Brüssel vor dem Druck der Wirtschaftslobby ein.
Besonders bitter: Auch bei der Nachhaltigkeits-Berichterstattung soll die Messlatte höher gelegt werden. Statt ab 500 Beschäftigten sollen die Regeln erst ab 1.000 Mitarbeitern und 450 Millionen Euro Jahresumsatz gelten. Wieder einmal zeigt sich: Wenn es hart auf hart kommt, wiegen wirtschaftliche Interessen schwerer als ethische Verpflichtungen.
Die Verhandlungen mit dem Europaparlament stehen noch aus. Es bleibt zu hoffen, dass die Abgeordneten sich ihrer Verantwortung bewusst sind und den Ausverkauf des Lieferkettengesetzes verhindern. Andernfalls wird aus einem vielversprechenden Ansatz zur Verbesserung globaler Arbeitsbedingungen und Umweltstandards nicht mehr als ein bürokratischer Papiertiger ohne Biss.
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