
Brasilianische Justiz zeigt ihre Krallen: Bolsonaro droht Haft wegen Social-Media-Auftritt
Was sich derzeit in Brasilien abspielt, könnte als Blaupause für autoritäre Tendenzen in westlichen Demokratien dienen. Der konservative Ex-Präsident Jair Bolsonaro sieht sich mit drakonischen Maßnahmen konfrontiert, die selbst hartgesottene Beobachter aufhorchen lassen sollten. Das Oberste Gericht Brasiliens drohe ihm mit sofortiger Inhaftierung, sollte er nicht binnen 24 Stunden eine Erklärung für seinen jüngsten Videoauftritt im Internet liefern.
Elektronische Fußfessel als "Symbol maximaler Demütigung"
Der zuständige Richter Alexandre de Moraes habe diese ultimative Drohung ausgesprochen, nachdem Bolsonaro in einem Video mit elektronischer Fußfessel zu sehen gewesen sei. Seine Worte in dem besagten Clip sprechen Bände: "Das hier ist ein Symbol der maximalen Demütigung in unserem Land. Eine unschuldige Person. Feige ist, was sie mit einem Ex-Präsidenten der Republik machen." Der konservative Politiker fügte hinzu, dass für ihn das Gesetz Gottes zähle und er allem und jedem trotzen werde.
Die Auflagen, unter denen Bolsonaro seit vergangenem Freitag stehe, lesen sich wie aus einem dystopischen Roman: Social-Media-Verbot, elektronische Fußfessel, nächtliche Ausgangssperren. Man könnte meinen, es handle sich um einen verurteilten Schwerverbrecher und nicht um einen ehemaligen demokratisch gewählten Präsidenten.
Weitreichende Zensur im digitalen Zeitalter
Besonders bemerkenswert sei die Auslegung des Social-Media-Verbots durch Richter Moraes. Dieses gelte nicht nur für direkte Beiträge Bolsonaros, sondern erstrecke sich auch auf die Veröffentlichung oder Weiterverbreitung von Interviews auf Plattformen Dritter. Eine derart weitreichende Einschränkung der Meinungsfreiheit wirft fundamentale Fragen über den Zustand der brasilianischen Demokratie auf.
"Wir werden allem und jedem trotzen. Für mich zählt das Gesetz Gottes"
Diese Worte Bolsonaros mögen für manche nach Trotz klingen, für andere nach dem verzweifelten Aufschrei eines Mannes, der sich ungerecht behandelt fühlt. Die Generalstaatsanwaltschaft begründe die drastischen Maßnahmen mit angeblicher Flucht- und Einschüchterungsgefahr - Vorwürfe, die Bolsonaro vehement zurückweise.
Der Vorwurf: Putschversuch gegen Lula
Im Zentrum der juristischen Auseinandersetzung stehe der Vorwurf, Bolsonaro habe nach seiner Wahlniederlage 2022 einen Putschversuch gegen die Regierung seines linken Nachfolgers Luiz Inácio Lula da Silva geplant. Ein schwerwiegender Vorwurf, der jedoch bis heute nicht rechtskräftig bewiesen sei.
Was hier geschehe, erinnere fatal an die politische Instrumentalisierung der Justiz, wie sie in vielen Ländern zu beobachten sei. Wenn ein ehemaliger Präsident wie ein gemeiner Krimineller behandelt werde, ohne dass ein rechtskräftiges Urteil vorliege, dann sollten bei allen Demokraten die Alarmglocken schrillen.
Ein gefährlicher Präzedenzfall
Die brasilianische Entwicklung könnte als warnendes Beispiel dienen, wohin es führe, wenn politische Gegner mit juristischen Mitteln mundtot gemacht werden sollen. Die elektronische Fußfessel als moderne Form des Prangers, das Social-Media-Verbot als digitaler Maulkorb - all dies seien Instrumente, die in einer funktionierenden Demokratie keinen Platz haben dürften.
Unabhängig davon, wie man zu Bolsonaros Politik stehe, müsse die Frage erlaubt sein: Rechtfertigen die Vorwürfe tatsächlich derart drakonische Maßnahmen? Oder erleben wir hier vielmehr den Versuch, einen unbequemen politischen Gegner mit allen Mitteln aus dem Verkehr zu ziehen?
Die kommenden Tage werden zeigen, ob Bolsonaros Verteidigung die geforderte Erklärung liefern könne und ob das brasilianische Justizsystem noch einen Rest an Unabhängigkeit bewahrt habe. Für Beobachter weltweit sollte dieser Fall ein Weckruf sein: Die Erosion demokratischer Grundrechte geschehe oft schleichend und unter dem Deckmantel der Rechtsstaatlichkeit.
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