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Kettner Edelmetalle
23.12.2025
16:53 Uhr

Weihnachten ohne Familie: Wenn die Flucht vor Verwandten zum Lifestyle wird

Es ist wieder soweit – die Feiertage stehen vor der Tür, und mit ihnen die alljährliche Debatte darüber, wie man diese Zeit am besten übersteht. Während traditionell gesinnte Deutsche noch immer an der Vorstellung festhalten, dass Weihnachten ein Fest der Familie sei, propagieren andere längst einen ganz anderen Ansatz: Die bewusste Abkehr von den eigenen Blutsverwandten zugunsten einer selbstgewählten "Wahlverwandtschaft".

Die Flucht vor der eigenen Geschichte

Was auf den ersten Blick wie eine moderne, befreiende Lebensphilosophie erscheinen mag, offenbart bei näherer Betrachtung tiefere gesellschaftliche Verwerfungen. Da ist von "Liebeslöchern im Herzen" die Rede, von Familien, die "nicht nett" waren, von unterschwelliger Reizbarkeit und tödlichen Familiendynamiken. Die Lösung? Man wählt die Familie einfach ab und feiert stattdessen mit Freunden – erst in den Dom zur Christvesper, dann zum Italiener nach Kreuzberg, und vielleicht noch in eine Bar.

Bemerkenswert ist dabei die Selbstbezeichnung als "Radikal-Atheistin", die dennoch nicht auf den Besuch der Christvesper verzichten möchte. Ein Widerspruch, der symptomatisch für eine Generation steht, die sich von Traditionen lösen will, aber gleichzeitig nicht auf deren ästhetischen Reiz verzichten kann. Man nimmt sich, was gefällt, und verwirft den Rest – eine konsumistische Haltung, die auch vor dem Heiligsten nicht Halt macht.

Das Ende der Familie als gesellschaftliches Fundament?

Besonders aufschlussreich ist die Prognose, die hier für die Zukunft gewagt wird: "Das klassische Familienmodell hat eh ausgesorgt. Nicht mehr lange und ein paar gesellschaftliche Vereinsamungsjahrzehnte weiter, und die Leute feiern mit ihrer KI, mit ihrem Sex-Roboter oder ihren TikTok-Followern." Was hier als ironische Überspitzung daherkommt, beschreibt in Wahrheit eine besorgniserregende Entwicklung, die unsere Gesellschaft bereits erfasst hat.

Die Familie als Keimzelle der Gesellschaft, als Ort der Weitergabe von Werten, Traditionen und kulturellem Erbe – all das scheint für manche nur noch ein überholtes Konzept zu sein. Stattdessen wird die Atomisierung des Individuums gefeiert, die Befreiung von allen Bindungen, die man sich nicht selbst ausgesucht hat. Dass dabei auch die Verantwortung füreinander, die generationenübergreifende Solidarität und das Gefühl der Zugehörigkeit auf der Strecke bleiben, wird geflissentlich übersehen.

Zwischen Hedonismus und Einsamkeit

Die Selbstbeschreibung als "unerschütterlicher Romantiker" und "Hedonist" verrät viel über die Prioritäten, die hier gesetzt werden. Das eigene Wohlbefinden steht im Mittelpunkt, die Vermeidung von Konflikten wird zum obersten Gebot. Doch ist ein Leben, das nur auf die Maximierung angenehmer Gefühle ausgerichtet ist, wirklich erfüllend? Oder führt dieser Weg nicht vielmehr in jene "gesellschaftlichen Vereinsamungsjahrzehnte", die hier so beiläufig prophezeit werden?

Es ist bezeichnend, dass ausgerechnet Berlin als "depressiv" und "Pomp-frigide" beschrieben wird – jene Stadt, die wie keine andere für den Bruch mit Traditionen und die Auflösung gewachsener Strukturen steht. Vielleicht liegt hier ein Zusammenhang, den zu erkennen sich lohnen würde.

Ein Plädoyer für die Versöhnung

Natürlich gibt es Familien, in denen echtes Leid geschehen ist, wo Versöhnung schwer oder unmöglich erscheint. Doch die pauschale Abwertung familiärer Bindungen als "Drama" und die Erhebung der Freundschaft zum einzig wahren Beziehungsmodell greift zu kurz. Familien sind nicht perfekt – sie waren es nie und werden es nie sein. Aber gerade in der Auseinandersetzung mit Menschen, die man sich nicht ausgesucht hat, liegt eine Chance zur persönlichen Reifung, die das gemütliche Beisammensein mit Gleichgesinnten nicht bieten kann.

Wer Weihnachten nur noch als "Jahresinventur" betrachtet, die bei schlechter Bilanz eben ausfällt, hat vielleicht den eigentlichen Sinn dieses Festes aus den Augen verloren. Es geht nicht um perfekte Harmonie, sondern um die Bereitschaft, trotz aller Differenzen zusammenzukommen – ein Gedanke, der in unserer zunehmend fragmentierten Gesellschaft wichtiger denn je erscheint.

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