
Verfassungsschutzchef Kramer vom Gericht gemaßregelt: Neutralitätspflicht mit Füßen getreten
Es ist ein Urteil, das aufhorchen lässt – und das einmal mehr die fragwürdigen Praktiken deutscher Sicherheitsbehörden ins Rampenlicht rückt. Das Verwaltungsgericht Weimar hat den Thüringer Verfassungsschutzpräsidenten Stephan J. Kramer wegen einer öffentlichen Äußerung gegen die AfD gerügt. Der Vorwurf wiegt schwer: Verstoß gegen das Neutralitätsgebot staatlicher Organe. Doch wir Rüge tatsächlich Konsequenzen haben?
Ein Behördenchef als politischer Akteur
Der Fall reicht zurück ins Jahr 2023. In einem Interview hatte Kramer erklärt, die AfD habe „eigentlich gar keine politischen Alternativen und Lösungen zu bieten", zudem sei ihre Programmatik „inhaltlich kaum vorhanden". Worte, die man von einem politischen Gegner erwarten würde – nicht jedoch vom Chef einer Behörde, die zur Neutralität verpflichtet ist.
Das Gericht stellte unmissverständlich klar: Die chancengleiche Beteiligung aller Parteien an der politischen Willensbildung des Volkes erfordere es, dass Staatsorgane im politischen Wettbewerb der Parteien Neutralität wahren. Eine Selbstverständlichkeit, sollte man meinen. Doch offenbar muss man einem Verfassungsschutzpräsidenten erst gerichtlich erklären, was zum Einmaleins demokratischer Grundprinzipien gehört.
Wiederholungstäter mit System?
Es ist beileibe nicht das erste Mal, dass Kramer juristisch in die Schranken gewiesen wird. Bereits 2021 urteilte dasselbe Verwaltungsgericht Weimar, dass er mit der öffentlichen Verkündung des „Prüffalls" gegen die AfD gegen die Verfassung verstoßen habe. Eine Dienstaufsichtsbeschwerde offenbarte zudem, dass die Einstufung der AfD Thüringen als „Prüffall" ohne Beteiligung des eigentlich zuständigen Fachbereichs erfolgt sei. Ein „Ergänzungsgutachten", das die spätere Hochstufung als „gesichert rechtsextrem" rechtlich problematisierte, wurde schlichtweg ignoriert.
Man fragt sich unweigerlich: Wie oft muss ein Behördenleiter gegen geltendes Recht verstoßen, bevor personelle Konsequenzen gezogen werden? In einer funktionierenden Demokratie wäre die Antwort eindeutig. In Thüringen scheint man das anders zu sehen.
Fehlende Qualifikation als Dauerzustand
Pikant ist auch der Umstand, dass Kramer – wie Kritiker seit Jahren monieren – nicht über die Befähigung zum Richteramt verfügt. Diese Qualifikation gilt gemeinhin als Voraussetzung für den Posten eines Landesverfassungsschutzpräsidenten. Dass ein fachlich nicht qualifizierter Behördenchef wiederholt gegen das Neutralitätsgebot verstößt und dennoch im Amt verbleibt, wirft ein bezeichnendes Licht auf den Zustand der Thüringer Landesverwaltung.
Selektive Rechtsprechung?
Interessant ist auch, was das Gericht als zulässig erachtete. Die Aussage Kramers, „idealerweise entscheiden sich aber die Bürgerinnen und Bürger durch ihre Abstimmung bei Wahlen gegen die Verfassungsfeinde", wurde als rechtlich unbedenklich eingestuft – mit der Begründung, die AfD sei nicht ausdrücklich genannt worden. Eine Argumentation, die man durchaus als spitzfindig bezeichnen könnte. Denn in welchem Kontext diese Äußerung fiel, dürfte jedem aufmerksamen Beobachter klar gewesen sein.
Auch die Behauptung, AfD-Politiker würden „unsere Demokratie stets und ständig verunglimpfen", ließ das Gericht durchgehen – als „zulässige Erläuterung" zu Feststellungen in den Verfassungsschutzberichten. Man könnte einwenden, dass ein Verfassungsschutzpräsident, der seine eigenen Berichte öffentlich kommentiert und dabei eine Partei gezielt herabsetzt, kaum als neutraler Beobachter gelten kann.
Der Verfassungsschutz als politisches Instrument
Der Fall Kramer ist symptomatisch für ein grundsätzliches Problem: Der Verfassungsschutz ist dem jeweiligen Innenminister unterstellt und damit kein unabhängiges Organ, sondern ein politisches Instrument der Regierung. Was als Schutz der Verfassung gedacht war, wird zunehmend zur Waffe im politischen Wettbewerb missbraucht.
Die Absetzung des früheren Bundesverfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen unter der Regierung Merkel hat gezeigt, wohin die Reise geht: Wer nicht auf Linie ist, wird ausgetauscht. Wer hingegen – wie Kramer – die politisch gewünschte Richtung bedient, darf offenbar auch wiederholt gegen Recht und Gesetz verstoßen, ohne ernsthafte Konsequenzen fürchten zu müssen.
Ein Urteil ohne Zähne?
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Doch selbst wenn es Bestand haben sollte – welche praktischen Folgen wird es haben? Die Erfahrung lehrt: vermutlich keine. Kramer wird weiterhin im Amt bleiben, weiterhin öffentlich gegen die AfD agitieren und weiterhin das Neutralitätsgebot als lästige Formalie betrachten.
Für die Bürger, die sich eine unparteiische Arbeit der Sicherheitsbehörden wünschen, ist das ein ernüchterndes Signal. Der Rechtsstaat funktioniert nur dann, wenn seine Hüter sich selbst an die Regeln halten. Wenn jedoch ausgerechnet der Chef des Verfassungsschutzes diese Regeln mit Füßen tritt, stellt sich die Frage, wer eigentlich die Verfassung vor ihren selbsternannten Schützern schützt.

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