
Verfassungsrichter-Wahl: Wenn politische Spielchen die Justiz gefährden
Was sich heute im Bundestag abspielt, könnte man als Lehrstück dafür bezeichnen, wie die etablierten Parteien ihre eigenen Traditionen über Bord werfen, wenn es ihnen gerade in den politischen Kram passt. Die Wahl dreier neuer Verfassungsrichter gerät zum unwürdigen Schauspiel, bei dem parteipolitische Ränkespiele wichtiger zu sein scheinen als die Integrität unseres höchsten Gerichts.
Der Bruch mit bewährten Gepflogenheiten
Jahrzehntelang funktionierte die Richterwahl am Bundesverfassungsgericht nach einem stillen Gentleman's Agreement: Die Parteien respektierten gegenseitig ihre Vorschläge, verzichteten auf öffentliche Anhörungen und wahrten so die Unabhängigkeit der Kandidaten. Doch was erleben wir heute? Die beiden SPD-Kandidatinnen Ann-Kathrin Kaufhold und Frauke Brosius-Gersdorf müssen sich wie Bewerber bei einem Vorstellungsgespräch präsentieren - ein Novum, das den Eindruck erweckt, als wolle man die künftigen Verfassungshüter bereits vor ihrer Ernennung politisch festnageln.
Besonders brisant wird es bei Frauke Brosius-Gersdorf. Die Potsdamer Professorin hat sich erdreistet, eine eigene Meinung zu haben - ein offenbar unverzeihliches Vergehen in Zeiten, in denen politische Korrektheit über allem steht. Ihre Befürwortung einer Impfpflicht während der Pandemie und ihre Offenheit für ein AfD-Verbotsverfahren mögen kontrovers sein, doch seit wann disqualifizieren politische Äußerungen eine Juristin für das höchste deutsche Gericht?
Das Abtreibungsthema als Stolperstein
Der eigentliche Stein des Anstoßes ist jedoch Brosius-Gersdorfs liberale Haltung zum Schwangerschaftsabbruch. In einem Gutachten für die ehemalige Bundesregierung sprach sie sich für eine Entkriminalisierung aus - eine Position, die in der Union offenbar schwerer wiegt als fachliche Kompetenz. Dass die AfD-Abgeordnete Beatrix von Storch diese komplexe juristische Position auf plumpe Weise verkürzt und Bundeskanzler Merz damit konfrontiert, zeigt das Niveau, auf dem diese Debatte geführt wird.
Der verhaltene Applaus der Unionsfraktion nach Merz' knappem "Ja" spricht Bände. Hier zeigt sich, dass die CDU/CSU in gesellschaftspolitischen Fragen nach wie vor gespalten ist und traditionelle Wertvorstellungen über juristische Expertise stellt.
Politisches Gezerre auf dem Rücken der Justiz
Die für heute Morgen anberaumte Sonderfraktionssitzung der Union deutet darauf hin, dass die Wahl auf wackeligen Füßen steht. Aus Unionskreisen verlautet, es fehle eine beträchtliche Anzahl an Stimmen - trotz der Zusage der Linkspartei, mitzustimmen. Die SPD wiederum pocht auf ein Entgegenkommen der Union, nachdem sie beim Thema Migration bereits Zugeständnisse gemacht habe.
Besonders pikant wird es beim dritten Kandidaten, Günter Spinner von der Union. Die Linke verweigert ihm die Stimme, solange die Union ihre "Brandmauer nach links" aufrechterhält. Das könnte dazu führen, dass Spinner möglicherweise nur mit Stimmen der AfD gewählt wird - ein Szenario, das dem Ansehen des Bundesverfassungsgerichts erheblichen Schaden zufügen würde.
Ein schlechter Start für die neuen Richter
Was auch immer heute bei den anonymen Wahlen ab zehn Uhr herauskommt: Die drei Kandidaten starten unter denkbar schlechten Vorzeichen. Statt mit breiter parlamentarischer Unterstützung ins Amt zu gehen, werden sie von Anfang an mit dem Makel parteipolitischer Ränkespiele behaftet sein.
Diese Entwicklung ist symptomatisch für den Zustand unserer politischen Kultur. Statt sich auf Sachfragen zu konzentrieren und die besten Köpfe für wichtige Ämter zu gewinnen, verlieren sich die Parteien in kleinlichen Machtspielen. Die neue Große Koalition unter Friedrich Merz steht vor ihrer ersten ernsthaften Belastungsprobe - und zeigt bereits jetzt, dass die alten Reflexe stärker sind als der Wille zur Erneuerung.
Es bleibt zu hoffen, dass die Vernunft siegt und die Abgeordneten sich ihrer Verantwortung für die Unabhängigkeit der Justiz bewusst werden. Doch die Zeichen stehen schlecht, wenn selbst bei der Besetzung des höchsten deutschen Gerichts parteipolitische Spielchen wichtiger sind als die Sache selbst.

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