
Politischer Tiefpunkt: Wenn Gerichte über Beleidigungen statt über Recht urteilen
Was sich derzeit in den Gerichtssälen Mecklenburg-Vorpommerns abspielt, könnte man als Provinzposse abtun – wäre es nicht symptomatisch für den Zustand unserer politischen Kultur. Ein Linken-Politiker wirft AfD-Abgeordneten vor, seinen krankheitsbedingten Tremor nachgeäfft zu haben, nennt sie daraufhin „politische und menschliche Arschlöcher" – und die Gerichte? Die können sich nicht einmal darauf einigen, ob solche Entgleisungen noch von der Meinungsfreiheit gedeckt sind.
Der Fall begann im Schweriner Landtag, als der an Parkinson erkrankte Dirk Bruhn von der Linkspartei eine schwerwiegende Anschuldigung erhob. Die AfD-Politiker Enrico Schult und Thore Stein hätten während einer Plenarsitzung sein krankheitsbedingtes Zittern verspottet und nachgeahmt. Eine Behauptung, für die es bis heute keinen einzigen Zeugen gibt – außer Bruhn selbst. Dennoch fühlte sich der Linken-Politiker berechtigt, vor laufenden Kameras zu erklären: „Das zeigt, dass sie nicht nur politische Arschlöcher sind, sondern auch menschliche."
Drei Gerichte, drei Meinungen – die Justiz als Lotteriespiel
Was folgte, war ein juristisches Trauerspiel, das seinesgleichen sucht. Das Landgericht Schwerin wies die Klage der AfD-Politiker im Mai ab – mit der bemerkenswerten Begründung, die Landesverfassung schütze Abgeordnete im Plenarsaal vor strafrechtlicher Verfolgung. Als ob die Immunität eine Lizenz zum Verleumden wäre.
Das Landgericht Stralsund ging noch einen Schritt weiter. Die dortigen Richter sahen sich außerstande, die Wahrheit der Anschuldigungen zu klären – und erklärten die Beleidigung kurzerhand für zulässig. Man stelle sich vor: Ein Gericht kapituliert vor der simplen Aufgabe der Wahrheitsfindung und legitimiert damit faktisch üble Nachrede.
Einzig das Landgericht Rostock zeigte noch einen Rest von Rechtsbewusstsein. Es untersagte dem dortigen Linken-Kreisverband, die AfD-Abgeordneten weiterhin als „politische und menschliche Arschlöcher" zu bezeichnen. Bei Zuwiderhandlung drohen bis zu 250.000 Euro Geldstrafe oder sechs Monate Ordnungshaft. Ein kleiner Sieg für den Anstand – doch das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Der wahre Skandal: Unbewiesene Vorwürfe als politische Waffe
AfD-Fraktionsvize Enrico Schult brachte es auf den Punkt: „Ich möchte meine Integrität wiederhergestellt sehen – nicht mehr, aber auch nicht weniger." Seine Befürchtung, dass künftig jeder Abgeordnete unbewiesene Anschuldigungen äußern dürfe, ist mehr als berechtigt. Wenn Gerichte nicht mehr zwischen Tatsachenbehauptung und Verleumdung unterscheiden können oder wollen, ist der politische Diskurs endgültig im Sumpf angekommen.
Besonders perfide ist die Instrumentalisierung einer schweren Krankheit für politische Zwecke. Wer ohne jeden Beweis behauptet, politische Gegner würden Parkinson-Symptome verspotten, überschreitet nicht nur die Grenzen des guten Geschmacks – er missbraucht menschliches Leid für parteipolitische Schlammschlachten.
Die Doppelmoral der selbsternannten Moralwächter
Man stelle sich nur einmal vor, ein AfD-Politiker hätte einen Linken-Abgeordneten ohne Beweis einer derartigen Geschmacklosigkeit bezichtigt und ihn dann öffentlich als „Arschloch" bezeichnet. Die mediale Empörung wäre grenzenlos, der Ruf nach Konsequenzen ohrenbetäubend. Doch wenn es gegen die AfD geht, scheint plötzlich alles erlaubt – selbst die niederträchtigsten Unterstellungen.
Diese Doppelmoral offenbart den wahren Zustand unserer politischen Kultur. Während man von konservativen Kräften höchste Standards einfordert, gewährt man dem linken Spektrum einen Freibrief für verbale Entgleisungen. Die Justiz, die eigentlich als neutrale Instanz fungieren sollte, macht sich zum Komplizen dieser Ungleichbehandlung.
Ein Präzedenzfall mit fatalen Folgen
Was hier auf dem Spiel steht, ist weit mehr als die persönliche Ehre einzelner Abgeordneter. Wenn unbewiesene Anschuldigungen und grobe Beleidigungen künftig als legitimes Mittel der politischen Auseinandersetzung gelten, verliert der demokratische Diskurs seine letzten zivilisatorischen Schranken.
Die unterschiedlichen Gerichtsurteile zeigen zudem, dass die Rechtsprechung in Deutschland zunehmend zur Glückssache wird. Je nachdem, vor welchem Gericht man landet, fallen die Urteile diametral unterschiedlich aus. Das untergräbt nicht nur das Vertrauen in den Rechtsstaat – es macht ihn zur Farce.
Die neue Große Koalition unter Friedrich Merz täte gut daran, diesem Treiben einen Riegel vorzuschieben. Doch von einer Regierung, die bereits jetzt ihre Wahlversprechen bricht und mit einem 500-Milliarden-Sondervermögen neue Schuldenrekorde aufstellt, ist wohl kaum zu erwarten, dass sie sich für die Wiederherstellung politischer Anstandsregeln einsetzt. So verkommt der politische Diskurs weiter – und mit ihm die Demokratie selbst.